Zehn Jahre nach der Finanzkrise
Franz Schmid
Im Jahre 1997, vor genau fast zehn Jahren am 2. Juli, erschütterte die
schwerste Finanzkrise nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, die
Tigerstaaten Südostasien. Sie nahm in Thailand ihren Anfang, ausgelöst
durch den spekulativen Druck auf den Baht. Die Krise führte zu einem
dramatischen, allerdings nur kurzfristigen Schrumpfen des Wachstums. Zu
diesem Zeitpunkt hatte Thailand über 10 Jahre hinweg ein
Wirtschaftswachstum von neun Prozent, die höchste Wachstumsrate der
Weltwirtschaft.
Die Ursachen der Krise sehen viele Fachleute in maßlosen Investitionen,
exzessiver Kreditaufnahme – teilweise in Fremdwährungen –,
Handelsbilanzdefiziten und schwachen regionalen Finanzmarktstrukturen.
Auslöser war die feste Bindung des Baht an den US-Dollar. Die
Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen nutzten Investoren, um immer
größere Summen in thailändische Anleihen zu investieren.
Wechselkursverschiebungen des US-Dollars gegen den japanischen Yen
führten dann zum Zusammenbruch der Wechselkursbindung.
Ein völlig anderes Bild zeigt sich zehn Jahre danach. In der letzten
Woche erreichten die Kurse der thailändischen Börse ihren höchsten Stand
seit Januar 1997, gleichzeitig erreichte auch der thailändische Baht
seinen höchsten Stand gegenüber dem US-Dollar seit September 1997.
Welche Gründe stehen hinter diesen Höhenflügen? Ein thailändischer
Börsenanalytiker drückt es so aus: „Die Leute sind zuversichtlich, dass
in diesem Jahr oder spätestens Anfang des nächsten Jahres allgemeine
Wahlen stattfinden. Die Militärregierung wird nicht versuchen, an der
Macht festzuhalten. Dies schafft ein Gefühl von Sicherheit, nicht nur in
Thailand, sondern auch im Ausland. Investoren betrachten die politischen
Risiken als zweitrangig.“
Asien gilt heute wieder als stärkste Wachstumsregion der Weltwirtschaft.
Großen Anteil daran haben die wirtschaftlichen Fortschritte, vor allem
in China und Indien. Doch das teilweise ungebremste Wachstum birgt auch
Gefahren, die nicht unbeachtet bleiben sollten. Der Präsident der Asian
Development Bank (Asiatische Entwicklungsbank), Haruhiko Kuroda, warnt:
„Trotz der bemerkenswerten Erholung von der Finanzkrise 1997 sind neue
finanzielle Turbulenzen nicht ausgeschlossen.“
Sorgen bereiten von allem die Kapitalbewegungen aus und nach Asien.
Diese machen inzwischen acht Prozent des Bruttosozialproduktes in den
sechs großen Wirtschaftsnationen Thailand, Indonesien, Malaysia, den
Philippinen, Südkorea und China aus. Eine Wechselkursänderung oder die
unkontrollierte Freigabe von Devisen auf den internationalen Märkten
könnten unvorhersehbare Folgen haben.
Die Situation scheint der von 1997 in vielen Bereichen zu ähneln.
Thailand kann einen großen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilität im
asiatischen Raum leisten. Vor allem sollte Spekulationen über eine
Verschiebung der Wahlen entgegengetreten werden. Manche Äußerungen aus
Kreisen der Militärregierung diesbezüglich sind nicht sehr hilfreich.
Die Fundamente der thailändischen Wirtschaft sind immer noch stark. Wenn
durch allgemeine Wahlen die derzeitigen politischen Unsicherheiten aus
dem Weg geräumt sind, steht einem anhaltenden Wirtschaftswachstum nichts
mehr im Wege. Manche Wirtschaftsexperten gehen sogar von sechs bis
sieben Prozent aus. Das sind gute Nachrichten, und es sollte alles getan
werden, damit diese sich bewahrheiten.
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