Warum heißen Gehwege eigentlich Gehwege?

Franz Schmid

Nun, im relativ gesitteten Europa bedeuten Gehwege genau das, was sie sein sollen: Wege, die von Fußgängern benützt werden, um sicher durch den Straßenverkehr zu gelangen. In Thailand bedeutet es nicht dasselbe. Wenn man in Pattaya auf den so genannten Gehwegen lustwandeln will, dann stellen sich einem dabei ziemlich viele Hindernisse in den Weg. Ob es nun Straßenlaternen, Telefonhäuschen oder Plakattafeln sind, die dem Fußgänger auf seinem Gehweg den Weg versperren, oder lose Pflastersteine, schlecht reparierte Stellen oder die so sehr berühmten hohen Stufen, die sich vor einem plötzlich auftürmen oder tief nach unten führen: Man riskiert immer einen Beinbruch, sobald man seinen Blick auch nur ganz kurz vom Weg nimmt. Erst neulich rief uns eine Dame an und beschwerte sich über einen Unfall, den sie in Jomtien hatte, als sie plötzlich in ein Loch fiel, das mitten auf dem „Gehweg“ und nicht gekennzeichnet war. Sie zog sich nicht nur schmerzhafte Fußverletzungen zu, sondern auch unschöne Gesichtsverletzungen. Schadenserstattung? Natürlich gibt es die nicht, da würde man höchstens hören müssen, dass sie selbst schuld ist, wo sie doch freiwillig nach Thailand kam. Wäre sie im eigenen Land geblieben, wäre der Unfall eben nicht passiert.
Muss das denn sein? Es ist ja nicht so, dass dies nur in Pattaya ist. Nein, auch in Bangkok herrscht dieselbe Gehwegkultur. Auch dort müssen die Einheimischen wie Touristen Schlangenlinien laufen, um all den Hindernissen auszuweichen. Und um das Übel, hier wie dort, noch größer zu machen, stehen die Straßenhändler auf den einzigen halbwegs begehbaren Teilen der Fußwege und bieten ihre Waren feil. Die Fußgänger müssen, ob sie nun wollen oder nicht, auf die belebten Straßen ausweichen, um weitergehen zu können.
Mir ist in all den Jahren schon sehr häufig aufgefallen, dass Thais sehr selbstsüchtig sein können und oftmals nur an sich selbst und ihr Wohlergehen denken und keinen Gedanken darauf verschwenden, was mit ihren Mitbürgern geschieht.
Ich mache mir schon lange Gedanken darüber, dass sich die Thais, die „Freien“, doch auch ein wenig mehr um die Belange, um die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen kümmern sollten – Behörden wie ganz normale Bürger. Oder stimmt es wirklich, was mir neulich ein Thai sarkastisch über seine Landsleute sagte: „Ein Thai ist frei und macht was er will, egal was die anderen denken“?