Ein Stich ins Wespennest

Franz Schmid

Offensichtlich hat die Europäische Union mit ihrem Angebot, die Parlamentswahlen am 23. Dezember zu beobachten, in ein Wespennest gestochen. Etwa 200 Wahlbeobachter sollten ins Land geschickt werden, um sicher zu stellen, dass die Wahlen frei und fair ablaufen, diesmal ohne Wahlbetrug und die berüchtigten Stimmenkäufe wie in der Vergangenheit.
Dieses Ansinnen löste in der veröffentlichten Meinung einen Aufschrei der Empörung aus. Da war die Rede von „unvereinbar mit der Ehre des Landes“, Juristen zweifelten die Verfassungsmäßigkeit einer Beobachterdelegation an, und der Sprecher der nationalen gesetzgebenden Versammlung, Meechai Ruchuphan, kritisierte das Angebot als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes.
Die EU hat sich mit diesem Vorschlag in gefährliche Gewässer begeben. Auf der einen Seite hat sie bisher die durch die Putschisten eingesetzte Regierung nicht formell anerkannt, andererseits zeigt sie aber an den Wahlen ein plötzliches Interesse. Viele Thais können dies nicht nachvollziehen. Der portugiesische Botschafter in Thailand, Antonio de Faria e Maya, dessen Land zurzeit die Präsidentschaft der EU innehat, versuchte auf einer eilig einberufenen Konferenz die Angelegenheit herunter zu spielen. Alle Punkte des Angebot seinen „verhandlungsfähig“, es gebe keine Einmischung in den Wahlvorgang oder die Souveränität des Landes. Man wolle nach den Wahlen lediglich eine Analyse der Beobachtungen veröffentlichen.
Jedoch befindet sich auch die thailändische Regierung in einer Zwickmühle. Wird den Wahlbobachtern der Zutritt verwehrt, kann ihr mangelnde Transparenz der Wahlen vorgeworfen werden. Lässt man Wahlbeobachter, auch unter sorgfältig ausgehandelten Bedingungen, zu, werden Opponenten dies zu einer Kampagne gegen die Regierung ausnutzen.
Es ist sicherlich eine übertriebene Reaktion, wenn ausländische Wahlbeobachter generell als Zumutung oder Feinde des Nationalstolzes gebrandmarkt werden, wenn sie lediglich die Aufgabe haben, Erkenntnisse über den Wahlablauf zu sammeln und keinen unbeschränkten Zugang zu jeder beliebigen Wahlurne haben.
Es hat zwar in Thailand einen Militärputsch gegeben, aber Thailand ist kein Militärstaat. Auslöser des Putsches war die weit verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft unter der Regierung Thaksin. Die Militärs haben bisher alles gehalten, was sie versprochen hatten. Dies ist besonders hervorzuheben, da in anderen Ländern die Militärs ihre Versprechungen ganz schnell vergessen haben und an der Macht kleben.
Der Weg zu einer funktionierenden Demokratie in Thailand ist steinig. Alte Seilschaften aus Thaksins Zeiten haben überlebt und formieren sich neu. Sie füllen das politische Vakuum, welches durch die Auflösung der Thai Rak Thai Partei entstanden ist. Es wäre ein großes Unglück für das Land, wenn auch die alten Machenschaften wieder aufleben würden, um sich die Pfründe zu erhalten. Das würde für Thailand einige Schritte nach rückwärts bedeuten. Es ist jedoch nicht die Aufgabe von Wahlbeobachtern, diese innenpolitische Konstellation zu bewerten. Dies haben sie auch mit Sicherheit nicht vor.
Vielleicht gelingt es der derzeitigen Regierung, über ihren eigenen Schatten zu springen. Mit der Zusage an die in Washington ansässige „International Foundation for Election Systems (IFES)“, Beobachter zuzulassen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung gelungen.