Der lange Weg zur Einheit

Franz Schmid

Der Tag der Deutschen Einheit jährte sich in diesem Jahr zum 17. Mal. Der Nationalfeiertag erinnert an den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990. An diesem Tag wurde die Wiedervereinigung Deutschlands vollzogen, wie es Artikel 23 des Grundgesetzes vorsah. Die Festlegung des Termins erfolgte schließlich in einer am 22. August von DDR-Ministerpräsident de Maizière beantragten Sondersitzung der Volkskammer. Nach hitziger Debatte gab die Präsidentin der Volkskammer, Sabine Bergmann-Pohl, am 23. August das Abstimmungsergebnis bekannt: „Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit der Wirkung vom 3. Oktober 1990.“ In einer daran anschließenden Erklärung resümierte der PDS-Sprecher Gregor Gysi „unter jubelndem Beifall bei der CDU/DA, der DSU und teilweise der SPD“: „Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober 1990 beschlossen.“
Seit 1949 gab es zwei Staaten auf deutschem Boden. Die Bilder vom Fall der Berliner Mauer gingen um die Welt. Die Menschen waren euphorisch, die Wiedervereinigung war ein Geschenk der Geschichte, mit dem niemand gerechnet hatte. Bis 1990 wurde in Westdeutschland der 17. Juni als Tag der deutschen Einheit im Gedenken an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in der DDR begangen.
Doch inzwischen ist die Euphorie verklungen. Der politische Alltag ist eingekehrt. Zwar gibt es die staatsrechtliche Einheit der beiden ehemaligen deutschen Staaten, aber der Weg zur inneren Einheit scheint noch lang zu sein. Es gibt zwar viel Gemeinsames, aber auch leider immer noch Trennendes. Es scheint, als ob die Ostdeutschen mit der Einheit Deutschlands zufriedener sind als die Westdeutschen, obwohl die wirtschaftlichen Verhältnisse im Ostteil Deutschlands deutlich schlechter sind. Nach einer aktuellen Umfrage fühlen sich 54 Prozent eher als Deutsche denn als Ostdeutsche.
Zwar empfinden fast 75 Prozent aller Deutschen die Wiedervereinigung als eine gute Sache, doch die emotionelle Trennung besteht weiterhin. Viele Westdeutsche waren noch nie in den deutschen Kerngebieten Thüringen und Sachsen gewesen. Sie wissen nicht aus eigener Erfahrung, wie es heute in Leipzig, Erfurt oder Dresden aussieht. So stehen sich die Deutschen bei der inneren Einheit selbst im Wege. Vielleicht wird erst in der Generation, die nach dem Mauerfall geboren wurde, diese Trennung überwunden werden.
Der Tag der Deutschen Einheit wird als Bürgerfest begangen, auf der sich die Länder und die Regierung auf der so genannten „Ländermeile“ präsentieren. Mit der Ausrichtung der Feierlichkeiten wechseln sich die Bundesländer ab. Doch auch da gibt es unterschiedliche Meinungen, nicht alle Politiker und Bürger befürworten das.
In einem Beitrag für die „Schweriner Volkszeitung“ bezeichnete der SPD-Politiker, Philosoph und Theologe Richard Schröder den bisherigen Ablauf der zentralen Einheitsfeiern als überholt. Er hält dies alles für einen „Einheits-Wanderzirkus“. Das löste in Deutschland natürlich weitere Diskussionen über den Sinn des Nationalfeiertages aus. Die innere Einheit lässt leider noch auf sich warten.