Eine Wahl ohne Kandidaten

Franz Schmid

Wenn es dabei bleibt, sollen am 23. Dezember in Thailand allgemeine Wahlen stattfinden. Ein Großteil der thailändischen Bevölkerung ist jedoch skeptisch, ob die Wahlen tatsächlich zu dem genannten Zeitpunkt durchgeführt werden. Aber führende Politiker versichern immer wieder, an eine Verschiebung der Wahlen sei nicht gedacht. Dass es bei diesem Termin bleibt, kann man nur hoffen.
Die politische Unsicherheit und die unklaren wirtschaftlichen Aussichten verunsichern Konsumenten und Investoren gleichermaßen. Alle diese Unwägbarkeiten könnten mit den allgemeinen Wahlen beendet werden. Großartige Themen bieten sich geradezu für die Parteien an. Doch davon ist nichts zu verspüren, denn Wahlkampfstimmung kommt erst gar nicht auf. Das ist die Besonderheit der derzeitigen politischen Situation in Thailand. Wieder einmal ist in diesem Land alles anders als im Rest der Welt. Während sonst die Straßen mit Plakaten von Kandidaten der verschiedenen Parteien schon lange vor dem Wahltermin im Überfluss geschmückt waren, ist diesmal nichts zu sehen.
Im Grund gibt es in Thailand nur eine Partei, die über eine Struktur und Organisation verfügt. Das ist die Demokratische Partei. Die Auflösung der Thai Rak Thai sowie kleinerer, der Thai Rak Thai nahe stehenden Parteien hat ein politisches Vakuum hinterlassen. Es bilden sich zwar überall politische Gruppen und Grüppchen. Ob diese aber landesweit antreten können, ist mehr als zweifelhaft. Bleibt es bei der derzeitigen Situation, wird eine große Anzahl von Parteien ins Parlament einziehen, die aber nur lokale Bedeutung haben. Eine Koalitionsbildung wird demnach schwierig, denn es gilt als unwahrscheinlich, dass die Demokratische Partei mit einer solchen Mehrheit aus den Wahlen hervorgeht, dass sie alleine eine Regierung bilden kann.
Dann ein Regierungsprogramm aufzustellen, das auf die Bedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung abzielt, wird einer Quadratur des Kreises gleichkommen, da auf zu viele Sonderinteressen kleinerer Koalitionspartner Rücksicht genommen werden muss.
Nicht nur die Wahlkommission muss sich auf die Durchführung der Wahlen vorbereiten, auch die Wahlberechtigten müssen es tun. Wie sollen sie das aber bewerkstelligen? Es fehlen bisher klare Wahlaussagen und am wichtigsten von allem, wer sind die Kandidaten? Diese fehlen leider.
Wer hat die größte Glaubwürdigkeit, das Land aus der politischen und wirtschaftlichen Lähmung herauszuführen? Wer wird alles daran setzen, die gewalttätigen Unruhen im Süden zu einem friedlichen Ende zu führen? Thailand braucht einen Regierungschef, der einen einwandfreien ethischen Leumund hat und Premierminister für alle Thais sein will, nicht nur für seine Wähler, Partei oder die Provinz, aus der er kommt. Ob es einen solchen Mann gibt, werden die Wahlen im kommenden Dezember zeigen.