Die Kugel soll rollen, aber wo?
Franz Schmid
Ein nicht geringer Teil der Thais frönen dem Glücksspiel. Das ist nicht neu,
die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Ein in der thailändischen Presse vor
kurzem veröffentlichter Bericht besagt, dass in Thailand die Spielindustrie
einen geschätzten Umsatz von über 320 Millionen Baht macht. Der größte Teil
davon geht in die Schattenwirtschaft. Zugelassen sind nur zwei staatliche
Wettunternehmen, nämlich die Staatslotterie (zweimal im Monat) und Pferdewetten
im Royal Turf Club in Bangkok. 110 Millionen Baht werden in illegalen
Spielhöllen verpulvert, für 92 Millionen Baht werden Lose des Untergrund-Lottos
gekauft und 51 Millionen Baht werden für illegale Fußballwetten ausgegeben. Die
staatliche Lottogesellschaft muss sich mit bescheidenen 38 Millionen Baht
zufrieden geben.
Die neue Regierung, erst seit ein paar Monaten im Amt, will diese Einnahmequelle
verbessern. Der Premierminister wärmte in einer Rundfunkansprache eine Idee auf,
die er schon in den 1970er Jahren propagiert hatte: Es wird Zeit, dass in
Thailand Spielkasinos gebaut werden! Man wolle nicht länger zuschauen, wie
benachbarte Länder, gemeint sind da vor allem Malaysia und Kambodscha, Kasinos
betreiben und dabei gut verdienen. Für das Jahr 2011 prognostiziert die
Finanzberatungsfirma PricewaterhouseCoopers LLP Einnahmen von 30,3 Milliarden
US-Dollar in der asiatisch-pazifischen Region. Da ist es wohl mehr als recht und
billig, dass Thailand sich einen Teil des Kuchens sichert.
Bereits in den 1970er Jahren ist die Idee von Kasinobauten in Thailand aus
moralischen Gründen verworfen worden. In einem vom Buddhismus geprägten Land
gilt Glücksspiel als verwerflich. Das Glücksspiel wird mit widerwärtigen
Elementen der Gesellschaft in Zusammenhang gebracht, und es bestehen zu Recht
Befürchtungen, einkommensschwache Familien könnten noch mehr verarmen, wenn das
Glücksspiel legalisiert wird und der Familienvorstand die letzten Baht am
Roulettetisch verliert.
Im Jahre 2003 wurde die Idee nochmals vom gestürzten Premierminister Thaksin
Shinawatra aufgegriffen, doch Gespräche mit Vertretern der amerikanischen
Spielindustrie verliefen im Sande. Aus dem Vorhaben wurde nichts.
Diesmal dreht die Regierung jedoch den Spieß um und gibt sich den Anschein, als
habe sie die Moral auf ihrer Seite. „Wir müssen ernsthaft überprüfen, wie man
legale Kasinos eröffnen kann. So können illegale Spielhöllen und private Kasinos
geschlossen werden“, hieß es. Die große Geldsumme, die in illegale oder
außerhalb des Landes befindliche Kasinos fließt, würde in den Taschen der
Regierung landen.
Standorte sind auch schon im Gespräch: Pattaya, Phuket, Khon Kaen, Chiang Mai
und Hat Yai.
Sollen hier wirklich Straftatbestände im Nachhinein legalisiert werden? Das wäre
fürwahr ein schlechtes Aushängeschild für die neue Regierung. Überall auf der
Welt ist Glücksspiel mit Begriffen wie Drogenhandel, Steuerhinterziehung,
illegalem Waffenhandel, Prostitution und illegaler Buchführung verbunden.
Städte, in denen Kasinos betrieben werden, sehen sich diesen Problemen
gegenüber. Eine Stadt wie Pattaya zum Beispiel würde sich mit dem Bau eines
Kasinos noch mehr Probleme aufhalsen als sie ohnehin schon hat. Die Idee eines
Kasinos mag auf den ersten Blick verlockend erscheinen, doch die Wirklichkeit
sieht anders aus. Viele Kasinos an den Grenzen benachbarter Länder geben davon
Zeugnis. Neben Annehmlichkeiten wie zollfreiem Einkauf, Übernachtungspreisen,
die fast bei Null liegen, wenn man vorher die entsprechende Menge an Spielgeld
kauft, haben sie auch noch etwas ganz Praktisches zu bieten, nämlich
Pfandhäuser, in denen man seine letzte Habe noch in Chips umtauschen kann. Das
Kasino gewinnt eben immer!
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