Nuan muss sich erst wieder an das einfache Leben
im Isan gewöhnen.
Kurt Krieger
2. Teil
Gleich nach dem Frühstück besichtigten wir Nuans Grundstück. Sie
besitzt etwa 15 Rai. Dort haben früher ihre Eltern Reis angebaut. Nun liegt
ein Teil brach, einen anderen Teil hat sie an Reisbauern verpachtet, die
diese Felder bewirtschaften und als Pachtzins den Reisbedarf der Familie
sichern. Auf fünf Rai stehen Eukalyptusbäume, die kaum irgendwelcher Pflege
bedürfen. Die Bäume werden binnen drei bis vier Jahren sechs Meter hoch und
werden dann abgeholzt und zur Papierherstellung oder als Gerüstmaterial
verkauft. Die stehen gebliebenen Stümpfe treiben im kommenden Jahr bis zu
fünf neue Stämme aus, die wiederum in drei Jahren abgeerntet werden können.
In den Feldern der Familie steht ein „Wirtschaftsgebäude“, um das herum sich
etwa 50 Hühner tummeln. Weil der Vater jeden Morgen, bewaffnet mit einem
selbst gezimmerten Vorderlader, das Geflügel füttert, verläuft sich das
Federvieh nicht. Das Gewehr diene, so der Vater, dazu, um Raubvögel
abzuschießen, wenngleich er zugegeben hat, noch nie einen Vogel erwischt zu
haben. „Aber der Knall erschreckt sie so, dass sie die Hühner in Ruhe
lassen.“
Viel zu früh ging es weiter, denn wir wollten ja Urlaub machen.
Der Wunsch meiner Frau war, nicht Städte zu sehen, sondern viel schöne
Natur. Daraufhin habe ich mittels meines Reiseführers eine landschaftlich
besonders schöne Route – entlang dem Mekong – durch die Berge vorbei an Seen
- Richtung Chiang Mai – ausgesucht. Was ich natürlich nicht bedacht habe,
ist, dass die Hinweisschilder, sofern es überhaupt welche gibt, in
thailändisch geschrieben sind. Ich kann sie nicht lesen, und Nuan ist damit
überfordert, da die Schilder allenfalls auf das kommende Dorf hinweisen, das
natürlich in keiner meiner drei Straßenkarten verzeichnet ist. Die neueste
Straßenkarte, die ich mir vor Fahrtbeginn noch gekauft habe, ist mindestens
10 Jahre alt.
Nuans Eukalyptusbäume. Nuan und ihren Kindern
gefällt es hier.
Trotzdem erreichen wir endlich den Grenzfluss zu Laos und sind überrascht.
Das ganze Flussbett weist nur ein paar Tümpel auf und ist übersät mit
Stauden im schönsten Frühlingsgrün. Weiter flussaufwärts ist das Flussbett
wieder voll Wasser, hat aber kaum Fliessgeschwindigkeit – wohin versickert
das?
Langsam verabschiedet sich der Mekong nach Norden und wir fahren direkt auf
Berge zu. Die Straße ist relativ gut, aber es geht steil aufwärts und steil
hinunter, 100 Kurven auf wenigen Kilometer. Ich fahre solche Strecken für
mein Leben gerne. Nur neben mir sitzt meine Frau, der die Natur, auf die sie
sich so sehr gefreut hat, langsam „zu viel“ wird. Sie sehnt sich nach einem
Stück gerader Straße. Unsere Stopps beschränken sich meist auf das Suchen
nach dem richtigen Weg. Mitten im Grenzdorf Na Haeo inmitten des Chat Trakan
Nationalparks bittet sie mich: „Lass uns heimfahren“. Also geht es wieder
zurück. Es dauert zwei Stunden, bis wir einigermaßen aus diesem Auf und Ab
herauskommen und hinter Dan Sai auf den Highway kommen. Gegen 16 Uhr
erreichen wir Phetchabun.
Endlich
bin ich wieder zuhause!
Wir haben unserer Tochter versprochen, dass es dort, wo wir übernachten, ein
Schwimmbad gibt. Endlich finden wir in der Stadt das Kosit Hill Hotel.
Gleich wollen wir im Pool schwimmen, aber der war etwa mit 80 bis 100
Kindern und deren Vätern „ausgebucht“. An einer kleinen Ecke kommen wir
trotzdem ins Wasser. Unsere Tochter, im Gegensatz zu mir, stören die vielen
Menschen in keiner Weise.
Nuan wünscht sich ,das Mua Leg zu besuchen. „Was ist das?“ „Lass dich
überraschen, wunderschöne Natur, Wasserfall, und eine Kuhmilchfarm.“
Irgendwo geht es links ab ins Abenteuer! Zuerst landen wir an einem
wunderschönen Stausee, an dessen Ufern auf einer Puszta-ähnlichen Landschaft
Kühe weiden. Aber dann weiter auf Straßen, teils mit komplettem Asphalt,
teils mit Asphalt zwischen den Löchern ohne Wegweiser mit vielen
freundlichen Leuten, die wir nach Mua Leg fragen und die uns meistens zurück
in die Richtung schicken, aus der wir gerade kommen. Und immer wieder kommen
wir dahin, wo wir schon einmal waren, eine – zwei - drei Stunden und dann,
sagt uns jemand nur immer den Strommasten nach, 20 km – und wir sind endlich
da! Und weitere 100.000 Besucher. Es gibt keine Parkplätze, und Nuan will
gar nichts mehr sehen.
Also fahren wir weiter Richtung Khao Yai und suchen uns ein nettes Quartier
abseits der Straße. Eine nette Frau empfängt uns, wir sind die einzigen
Gäste. Ihr Grundstück umfasst mehr als 100 Rai, das sie parzelliert hat und
nun pro Rai für eine Million verkauft. Sie hat überhaupt keine Ahnung von
Gastronomie, sie ist nur stolz, dass sie über Neujahr alle Zimmer belegt
hat. Aber sie hat so viel Vermögen, dass ich mir gar nicht sicher bin, ob
sie die Unruhe von mehr Gästen vielleicht gar stören würde.
Am nächsten Tag geht es nach einigen „Irrfahrten“ durch den landschaftlich
wunderschönen Nationalpark Richtung Heimat. Meine Frau weiß eben alles
besser als meine Straßenkarte. Ich hatte einmal gesagt „Der liebe Gott weiß
alles, aber meine „Ex“ weiß alles besser“. Aber es scheint, dass Nuan alles
noch besser weiß als die „Ex“!
Trotz aller unnötigen Umwege sind wir dann doch glücklich wieder in Pattaya
zurück. Herzlich begrüßt von den Hunden und einer Badewanne mit heißem
Wasser fingen wir an, uns vom „Urlaub“ zu erholen.