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Ein Mann der leisen Töne
Franz Schmid
Der 26. Premierminister Thailands heißt Somchai Wongsawat. Der 61-jährige
ehemalige Richter ist das genaue Gegenteil seines Vorgängers, der über eine
Kochshow stolperte und zurücktreten musste. Somchai spricht leise, aber fest.
Sein Auftreten steht im totalen Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger, der sich des
Öfteren im Ton vergriff, besonders gegenüber den Medien. Anders als der
schillernde, oft aufbrausende Samak gilt Somchai als besonnen, geradlinig und
konziliant. Sein Amtsvorgänger und er haben beide Jura an der Thammasat
Universität studiert.
Somchai trägt eine schwere Last, vielleicht eine zu schwere. Er ist der Schwager
des ins Ausland geflohenen ehemaligen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra.
Letzterer ist immer noch (oder schon wieder) der Angriffspunkt der Demonstranten
in Bangkok und anderswo, die die regierende Partei (PPP) als Marionette von
Thaksin betrachten.
Sein Ruf als Schlichter und nicht als Kämpfer verhilft ihm in der Öffentlichkeit
zu einigem Ansehen, dazu kommt seine Herkunft aus Südthailand. Viele sehen in
ihm einen Hoffnungsträger, der aus diesem Grund sich den Problemen des Südens
mit Sachverstand annehmen kann. Aber wird das alles reichen, die gespaltenen
politischen Lager zusammen zu bringen?
Somchai betrat 1998 zum ersten Mal die politische Bühne, zuvor war er über 20
Jahre Richter. Von der damaligen Regierung unter Führung der Demokratischen
Partei wurde er zum Ständigen Justizstaatssekretär benannt. Als Thaksin im Jahre
2001 die Regierung übernahm, behielt er Somchai, der in den folgenden Jahren
mehrere Kabinettsposten innehatte. Seine Beziehungen zu Thaksin sind also
unübersehbar und Grund für Misstrauen bei der Protestbewegung. Ein Sprecher
fasste das so zusammen: „Wenn Samak ein Stellvertreter Thaksins war, ist es
Somchai noch mehr.”
Somchai nimmt die Kritik gelassen hin: „Es ist unleugbar, dass ich enge
Beziehungen zu ihm (Thaksin) habe. Es wird aber darauf ankommen, welche Position
ich in meinem Amt vertrete. Die Öffentlichkeit kann ein scharfes Auge auf mich
werfen, um zu sehen, ob ich zum Vorteil eines Verwandten arbeite oder nicht.
Meine Vergangenheit hat bewiesen, dass ich in ehrenhafter und aufrichtiger Weise
gearbeitet habe.”
Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Aufhebung des verhängten, aber nie
durchgesetzten Ausnahmezustands. Damit ist er auf die Regierungsgegner
zugegangen und hat seinen guten Willen gezeigt, mit ihnen zu verhandeln und eine
gemeinsame Lösung der politischen Krise zu suchen. Dieser Schritt wäre bei
seinem Vorgänger undenkbar gewesen, selbst wenn dieser die gesamte
Öffentlichkeit und vielleicht auch noch das Militär gegen sich gehabt hätte.
Letztendlich sehen viele Beobachter aber in dem neuen Regierungschef jemanden,
der den derzeitigen politischen Schwebezustand nur verlängern hilft. Die
Gerüchte, dass er der Wunschkandidat des wohl umstrittensten Mann Thailands,
seines Schwagers, ist, werden nie verstummen. Somchai muss beweisen, dass er die
Interessen der Bevölkerung vertritt, und nicht die seiner Familie. Die Zeit wird
es zeigen.
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