Welchen Wert hat ein Gütezeichen?
Franz Schmid
„Made in Germany“ steht für Qualität. Diesen Ruf, hochwertige Produkte
herzustellen, hat Deutschland seit über 120 Jahren verteidigen können. Diese
Warenbezeichnung wurde 1887 in Großbritannien eingeführt, um britische
Konsumenten vor den als minderwertig geltenden Waren aus Deutschland zu
schützen. Das Gegenteil ist eingetreten. Das „Made in“ hat also, woher es auch
kommen mag, seinen Ruf zu verteidigen.
Wenn der Konsument heute auf einer Ware „Made in China“ entdeckt, ist er
gemischten Gefühlen ausgesetzt, zu stark ist das Ansehen chinesischer Produkte
erschüttert worden. Rückrufaktionen bei Spielzeug, Milchprodukten, Bonbons und
anderen Lebensmitteln sind in frischer Erinnerung. Nun kommt auch noch ans
Tageslicht, dass das bei der versuchten Auflösung einer Demonstration von
Regierungsgegnern am 7. Oktober in Bangkok durch die Polizei eingesetztes
Tränengas aus China mit Explosivstoffen vermischt war. Tränengas ist zwar kein
herkömmlicher Verbrauchsartikel, aber die Wirkung war wohl stärker als von der
Polizei beabsichtigt. Eine weitere Tragödie in dem unseligen Kapitel „Made in
China“.
China hat sich zur globalen Produktionsstätte von Gütern aller Art entwickelt.
Der ungebremste Wolfskapitalismus zeigt in diesem Land seine hässliche Fratze.
Die Lohnkosten sind gering, der Profit groß. Die Internationale Gesellschaft für
Menschenrechte nimmt da auf ihrer Webseite kein Blatt vor den Mund. Da heißt es
unter anderem: „China unterhält mit dem so genannten Laogai das weltweit größte
System von Umerziehungs- und Arbeitslagern. Die chinesische Wirtschaftspolitik
kalkuliert den Profit durch die Ausbeutung von Arbeitssklaven in den Lagern fest
ein. Die Gefangenen müssen Höchstquoten erfüllen, um ihre tägliche Nahrung zu
erhalten. Sie arbeiten unter menschenverachtenden Bedingungen, werden auf
vielfältige Art misshandelt und ausgebeutet. Viele Zwangsarbeiter sind gefangen,
obschon ihnen kein rechtsstaatlicher Prozess gemacht wurde, es keine Anklage gab
und keine Verteidigung. Dies gilt besonders für die in China beherrschten
Tibeter und Uiguren, für chinesische Christen, Falun Gong-Praktizierende,
Demokraten und Gewerkschafter.“
Viele verantwortungsbewusste Konsumenten wissen um diese Dinge und halten beim
Einkauf nach Alternativen Ausschau. Manche rufen sogar nach einem generellen
Boykott chinesischer Waren. Aber wie wirklichkeitsnah ist das? Gerade bei
Geräten der Kommunikationstechnologie, die heute zur Standardausrüstung jeden
Haushalts zählen, scheint dies unmöglich zu sein. Ob Computer, DVD-Spieler,
Radios oder Fernseher, alles „Made in China“. Taschenrechner, die heutzutage
jedes Schulkind braucht, werden fast ausschließlich in China hergestellt.
Ähnlich sieht es bei Handys, Schuhen, Kleidung, Glühbirnen und Sportartikeln
aus.
Die Produktionswut und die Profitsucht chinesischer Hersteller kennt keine
Grenzen, noch nicht einmal ideologische. Im April dieses Jahres wurden in einer
Fabrik in Südchina Flaggen mit der Aufschrift „Freies Tibet“ gefunden. Den
Auftrag dazu gab die tibetische Exilregierung. Von Ethik oder Patriotismus also
keine Spur.
„Made in China“ steht heute für Billigprodukte, Ramsch und teilweise Plagiate,
es ist schon lange kein Gütezeichen mehr, wenn es jemals eins gewesen ist. Der
Verbraucher ist dem hilflos ausgeliefert, er hat kaum eine andere Wahl, leider!
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