Warum so viel Intoleranz?

Franz Schmid

Der Polizei in den USA ist es gelungen, eine Verschwörung zur Ermordung des schwarzen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama aufzudecken. Es wurden zwei Neonazis im Alter von 18 und 20 Jahren verhaftet, die außerdem geplant hatten, 88 schwarze Jugendliche zu ermorden, von denen sie 14 enthaupten wollten. Beides eine magische Zahl der amerikanischen Rassisten.
Dieses geplante Verbrechen zeigt dramatisch auf, dass Intoleranz und Rassismus in den USA noch lange nicht der Vergangenheit angehören. Aber wer hier mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt gleichzeitig mit drei Fingern auf sich selber. Wie steht es eigentlich in unserer Gesellschaft mit Toleranz und Intoleranz? Nehmen wir doch einmal unsere kleine Gesellschaft in Pattaya als Beispiel. Da erreichen die Redaktion dieser Zeitung in letzter Zeit häufiger Leserbeiträge, die vor Intoleranz strotzen. Da wird auf „die Russen“ geschimpft, gegen Halter von „Straßenkötern“ polemisiert und die männliche, vornehmlich weiße Männerwelt so dargestellt, als ob sie es nur auf leichte Mädchen abgesehen hat.
Die Intoleranz hat viele Formen und Gründe. Sie bezieht sich auf das Nicht-Dulden von Menschen, die von der Allgemeinheit abweichen, sei es durch ihr Aussehen, ihre Sprache, ihre Meinung, ihre Sexualität, Religion oder Nationalität. Die Ursache von Intoleranz anderen gegenüber liegt oft in Minderwertigkeitskomplexen, Neid, Informationsdefiziten und Vorurteilen. Wie sonst könnten Behauptungen aufgestellt werden wie „die Russen“ sind ständig betrunken und randalieren, oder „alle Thais“ sind geldgierig oder ungebildet, oder „weg mit den Straßenkötern“ und am liebsten noch mit allen Tierfreunden.
Gerade was die Vorurteile gegenüber anderen Nationalitäten oder Menschen anderer Hautfarbe angeht, sollte so mancher einmal seinen eigenen Standpunkt überprüfen. Die menschliche Gesellschaft ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Die Bevölkerung einer Nation ist nicht besser als die einer anderen. Betrunken sind nicht nur, um bei unserem Beispiel zu bleiben, „die Russen“, sondern auch Angehörige anderer Nationen. Warum wird also explizit gerade auf dieses Volk hingewiesen? Sind da etwa noch Fragmente der Verteufelung der russischen Bevölkerung im Dritten Reich spürbar? Oder sind es übrig gebliebene Aversionen aus der Zeit des kalten Krieges vor dem Zusammenbruch des Ostblocks? Hier in Pattaya fällt besonders auf, dass vornehmlich junge russische Familien und Jugendliche Urlaub machen. Die meisten von ihnen werden der gebildeten Mittelschicht Russlands angehören. Es ist inzwischen auch so, dass viele Russen hier einer legalen Beschäftigung nachgehen. Warum werden sie in einen Topf mit denen geworfen, die sich mal betrunken oder in einem Lokal randaliert haben? Die Menschen sind sich alle sehr ähnlich, im Guten wie im Schlechten. In einer multikulturellen Gesellschaft wie in Pattaya sollte man mehr Wert auf Gemeinsamkeiten legen, anstatt das Trennende zu betonen. Intoleranz sollte der Vergangenheit angehören, wir brauchen wirklich keine neuen Feindbilder.