Besinnlichkeit oder Rummelplatz?

Franz Schmid

Loy Krathong ist wohl das romantischste und stimmungsvollste Fest, das in Thailand gefeiert wird. Es wird der Tochter eines brahmanischen Priesters, einer Nebenfrau des damaligen Königs, Noppamas, zugeschrieben, die vor siebenhundert Jahren in Sukothai ein Schiffchen (Krathong) aus Lotusblumen fertigte und es ihrem religiösem Brauch zufolge aufs Wasser setzte. Gleichzeitig gilt diese Zeremonie bei vielen Thais als der Entstehungspunkt der thailändischen Nation im damaligen Königreich Sukothai. Es wird aber auch gesagt, dass dieses Fest zu Ehren Buddhas entstand, der seine Mutter nach seiner Erleuchtung auf Erden besuchte.
Im ganzen Land werden in der Vollmondnacht des 12. Mondmonats die lotusförmigen Krathongs aus Palmen- und Bananenblättern auf Flüssen, Kanälen, Teichen und am Ufer des Meeres auf die Reise geschickt. In jedem Krathong befinden sich persönliche Beigaben (z. B. Fingernägel oder Haare), Räucherstäbchen, Kerzen und Münzen, mit denen die Mutter des Wassers (Mae Kong Ka) um Glück gebeten wird. Wenn die Krathongs an den Ufern entlang treiben, wird die Szenerie in ein märchenhaftes Licht getaucht. Man glaubt, mit den davon treibenden Krathongs werden auch die Sünden des vergangenen Jahres, Groll und Elend mitgenommen.
Doch in den vergangenen Jahren ist das Loy Krathong Fest zu stark kommerzialisiert worden. Aus einer stillen und romantischen Angelegenheit ist teilweise ein lauter Rummelplatz geworden. Mit Lautsprechern bestückte Kleinlastwagen dröhnen durch die Stadt und preisen die kommenden Loy Krathong Veranstaltungen an.
Am Abend selbst ist an vielen Orten von der Ursprünglichkeit des Festes nicht viel übrig geblieben. Live-Bands versuchen die Bars voller Gäste zu bekommen, je lauter, desto besser. Jugendliche zünden schon tagsüber Feuerwerks- und Knallkörper. Aber richtig geht es mit der Knallerei dann in der Nacht los. Jedes Jahr kommen dadurch Unbeteiligte zu Schaden. Das Abfeuern von Raketen und Feuerwerkskörpern ist zwar seit dem Jahre 2005 verboten, aber die Unbelehrbaren werden eben nicht weniger.
Und schlimmer, die kleinen Blumenboote, von den Menschen aufs Wasser gesetzt, werden kurz danach von gierigen Händen, Kindern wie Erwachsenen, hochgerissen und die Münzen raus gestohlen. Zwar werden die Krathongs wieder ins Wasser gesetzt, aber die Kerzen erlöschen häufig dabei und der ursprüngliche Kurs, den das Blumenboot auf dem Wasser nehmen würde und der über die Zukunft des kommenden Jahres Auskunft gibt, dadurch aus der Bahn gebracht.
Für Loy Krathong besteht die Gefahr, dass es zwar noch etwas Folklore zeigt, aber sich im Grunde doch nicht allzu sehr von anderen Festen unterscheidet, an denen sich manche bedenkenlos gehen lassen. Wer die wirkliche Atmosphäre dieses besonderen Festes erleben will, tut besser daran, es außerhalb der touristischen Zentren zu begehen. Am Stadtrand, auf den Dörfern und in manchen Tempeln ist noch vieles von der Ursprünglichkeit erhalten geblieben. Ein bisschen weniger Kommerz – und Geldgier - könnten daher nicht schaden.