Scheiden tut weh – vielleicht aber auch nicht

Franz Schmid

Eine viel beachtete Scheidung fand am 15. November im thailändischen Generalkonsulat in Hongkong statt. Die Ehe des ehemaligen thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra und seiner Frau Pojaman wurde getrennt, teilte ein Sprecher des Konsulats mit. Die beiden waren 32 Jahre verheiratet und haben einen Sohn und zwei Töchter.
Am gleichen Abend fand nach Angaben der „Bangkok Post“ zufolge „zufällig“ in Hongkong ein Dinner mit dem ehemaligen Premierminister und Parlamentariern der Regierungspartei PPP sowie seiner Schwester, der Gattin des Premierministers, (die vorher alle aussagten, dass so ein Treffen nie geplant sei) statt. Thaksin benützte die Gelegenheit, um die Anwesenden von seinem neuen Familienstand zu unterrichten. Anderen Zeitungsberichten nach soll sogar Premierminister Somchai am selben Tag in Hongkong gesehen worden sei. So ein Zufall!
Selbstverständlich ist es jedermann unbenommen, private Abendessen mit wem auch immer einzunehmen und dabei über seine persönlichen Dinge zu plaudern. Gerade einem Mann wie dem ehemaligen Premierminister ist dies zu gönnen, da er ja in Thailand keine Möglichkeiten hat, sich gegenüber der Öffentlichkeit publikumswirksam darzustellen. Vielleicht hat ja seine Telefonansprache, die er kürzlich vor Anhängern im Rajamangala-Stadion in Bangkok gehalten hatte, Verstimmung bei der englischen Regierung hervorgerufen und zum Widerruf des Visums geführt. Man sieht es dort eben nicht gerne, wenn Asylantragsteller sich politisch betätigen.
Auch die Privatsphäre eines in seiner Heimat wegen Korruption verurteilten Premierministers und seiner wegen Steuerhinterziehung verurteilten Ehefrau ist ein schützenwertes Gut. In diesem Falle jedoch wuchern die Spekulationen, und das mit Recht. Die Familie trat ja in der Öffentlichkeit immer zusammen auf, seine Frau war meist an seiner Seite. Ein Sprecher der Familie erklärte, die beiden „seien sich weiter sehr nah“. Da ist der Gedanke nicht abwegig, die Scheidung könne möglicherweise nicht so sehr persönliche, sondern vielmehr pragmatische und juristische Gründe haben, schließlich hat er ja Kriminalrecht studiert.
Aus Kreisen des thailändischen Militärgeheimdienstes verlautet, die Scheidung mache es Thaksins Frau möglich, gegen die Verurteilung in Revision zu gehen, wenn sie nach Thailand zurückkehrt. Ebenso sei es denkbar, dass das verbliebene Vermögen der Familie neu geordnet wird.
Doch hinter allen diesen Spekulationen bleibt eine Frage offen. Gegen das damalige Ehepaar Thaksin liegen in Thailand Haftbefehle vor. Können thailändische Staatsbürger trotz vorliegender Haftbefehle amtliche Hilfe von thailändischen Botschaften (herrscht thailändisches Recht) und Konsulaten (herrscht das Recht des Gastgeberlandes) in Anspruch nehmen? Bei allen diesen beschriebenen Umständen fällt es schwer, die Fantasie nicht durchgehen zu lassen. Als der Ex-Premier im Februar nach Thailand zurückkehrte, sagte er, er habe volles Vertrauen in die thailändische Justiz. Dieses Vertrauen ist ihm nun mit der Scheidungsurkunde bestätigt worden.