Ein Blaupunktrochen.
Frank Jörg Richter
Teil 4
Stachelrochen, Stechrochen (Myliobatoidea): Der peitschenartige Schwanz
einiger Rochenarten hat einen oder zwei sehr giftige Stacheln. Da diese
Tiere jedoch nicht aggressiv sind, wird ein Schwimmer, Schnorchler oder
Taucher kaum von ihnen angegriffen werden. Unfälle sind meist auf
Unvorsichtigkeit zurückzuführen. Bei Bedrohung schlagen sie mit dem Schwanz
seitlich oder über den Rücken nach vorne aus.
Im Flachwasser auf Sandgrund habe ich auf verschiedenen Malediven-Inseln des
Nordmale-, Südmale- und Arriatolls schon häufig Stechrochen beobachten
können. Der Körper ist fast immer zur Tarnung mit Sand oder kleinen
Steinchen bedeckt, nur der 0,8 bis 1 m lange Schwanz mit den deutlich
sichtbaren zwei Stacheln ragt hervor.
Normale Badende, Schwimmer oder Schnorchler sind daher gefährdet;
Gerätetaucher, wenn sie vom Strand aus ins Wasser gehen. Im September 2006
meldeten Zeitungen den Tod des australischen Krokodiljägers Steve Irvin. Er
starb in wenigen Minuten durch den Stich eines großen Stachelrochens ins
Herz. Die Fressfeinde der Rochen sind Haie, besonders Tiger- und Hammerhaie.
Zur Abwehr besteht nur die Flucht oder das Schlagen des Schwanzes. Ich nehme
an, dass sich der Australier dem Rochen von hinten näherte.
Bei Tauchgängen kann man ab und zu auch Mantarochen beobachten, denen ein
sicherlich großer Hai ein Stück des flachen Körpers abgebissen hat. Die
spitzen Stacheln auf der Schwanzoberseite tragen an den Seiten eine Reihe
kleiner Widerhaken. An der Unterseite der Stacheln verlaufen zwei mit Gift
gefüllte Rinnen, die mit einem Häutchen umgeben sind. Dringt der
abgespreizte, kräftige Stachel in einen Unterschenkel ein, so reißt das
Häutchen und das Gewebe zerstörende Gift tritt aus. Diese Sägestacheln
schlagen tiefe schmerzhafte Wunden.
Oft bricht dabei ein Teil des Stachels ab, der sich dann nur mit
Schwierigkeiten aus der oft großen, blutenden Risswunde entfernen lässt. Das
Gift wirkt ähnlich wie Schlangengift. Die Folge solch unangenehmer
Bekanntschaft sind heftige Schmerzen, ein Zusammenbruch des Kreislaufs und
Herzrhythmus-Störungen. Schon nach 10 bis 15 Minuten schwillt das Gewebe des
betroffenen Körperteils an. Später kann es teilweise absterben.
Abhilfe: Die oft tiefe Wunde soll sofort kräftig ausgesaugt werden,
allerdings nur, wenn im Mundraum keine Wunde ist. Verletzung mit kaltem
Wasser spülen und desinfizieren. Die eventuell noch in der Wunde steckenden
Stachelreste mit Hilfe einer Splitterpinzette beseitigen. Zu tief sitzende
Stacheln durch einen Arzt entfernen lassen. Heiße Wundbäder und heiße
Kompressen mit Magnesiumsulfat (Bittersalz) schaffen Erleichterung. Da die
Wunde eventuell genäht werden muss, ist ärztliche Behandlung unbedingt
erforderlich.
Skorpionsfische (Scorpaenidae): Zu der Familie der Skorpionsfische
zählen 300 Arten, von denen etwa 80 als giftig gelten. Im Mittelmeer sind es
der Kleine oder Braune Drachenkopf und der Grosse oder Rote Drachenkopf. Das
Gift enthalten die Stachelstrahlen der Rücken-, Bauch- und Brustflossen
sowie die Dornen der Kiemendeckel. In Korallenmeeren finden wir verschiedene
ähnliche Arten von Skorpionsfischen, deren Gift jedoch wesentlich stärker
ist.
Die beiden bekanntesten sind wohl die sehr giftigen Rotfeuerfische und die
noch giftigeren Steinfische. Rotfeuerfische sind kaum zu übersehen, denn sie
schweben oft wie bizarre Blüten zwischen den Steinkorallen. Ihre
Flossenstrahlen enthalten einen Giftstoff, der Wirkungen hervorruft, die
einem Schlangenbiss ähneln. Bei Berührung können starke Schmerzen,
Entzündungen und eine eventuelle Atemlähmung eintreten.
Der Steinfisch, dessen Gift tödlich wirken kann, ist deshalb so gefährlich,
weil er oft nicht rechtzeitig bemerkt wird. Er tarnt sich so perfekt als
unscheinbarer Stein - daher auch der Name -, dass er sogar von erfahrenen
Tauchern übersehen wird. Auch für Badegäste kann er gefährlich werden, da er
sich manchmal auch im Flachwasser aufhält. In einer 80 cm tiefen Lagune vor
dem Cinderella Beach Hotel bei Marsa Alam am Roten Meer entdeckte ich
zwischen Korallenstücken einen etwa 20 cm grossen Steinfisch.
In diese 30 x 150 m große Lagune gingen täglich die Gäste des Hotels zum
Schwimmen oder Schnorcheln. Außerdem konnte man hier auch noch fünf
Blaupunktrochen und zwei Rotfeuerfische beobachten. Steinfischen kann man
auch im Indischen Ozean und Pazifik begegnen. Sie gehören zu den
„Lauer-Jägern“, die darauf warten, dass ihnen ein Opfer in Form eines
kleinen Fisches in die Nähe ihres Maules kommt.
Als schlechte Schwimmer bewegen sie sich kaum oder nur unwesentlich von der
Stelle. Die äußere Tarnung und die Bewegungslosigkeit machen sie daher so
gefährlich; einen Fluchtinstinkt gibt es nicht. Am verbreitesten sind wohl
Steinfische der Gattung Synanceia. Sie verfügen in ihren Flossenstrahlen
über ein sehr starkes Gift auf Eiweißbasis. Nur wenige Minuten nach einer
Verletzung beginnen bei dem Betroffenen enorm starke Schmerzen, die meist
erst nach einigen Tagen langsam abklingen. Der betroffene Körperteil wird
rot und schwillt an.
Abhilfe: Bei einem Stich sollte die Wunde sofort ausgesaugt werden -
jedoch nur, wenn der Mundraum frei von Hautverletzungen ist. Schon kleinste
Wunden hätten das Eindringen des Giftes in den eigenen Blutkreislauf zur
Folge. Wunde nach Möglichkeit kräftig ausbluten lassen.
Heißwasserbehandlung, auch stark erhitzte Kompressen sind nützlich. Wichtig
ist es auch, die Herztätigkeit des Patienten mit entsprechenden Mitteln zu
stützen. In jedem Fall muss so rasch wie möglich ein Arzt aufgesucht werden.