Die Politik ist gefordert

Franz Schmid

Thailand steht im Ruf, das Land des Lächelns zu sein. Thailänder gelten als friedlich und zuvorkommend. Doch dieser Ruf ist in den letzten Monaten und Wochen beschädigt worden. Mehrere Vorfälle deuten darauf hin, dass die Gewaltbereitschaft staatlicher Stellen gestiegen ist.
Die versuchte Niederschlagung der Demonstrationen am 7. Oktober in Bangkok vergangenen Jahres spielte sich unter den Augen der Weltöffentlichkeit ab. Das brutale Eingreifen der Polizei hat den Ruf Thailands geschädigt. Doch weitere Vorfälle, die von internationalen Menschenrechtsorganisationen publik gemacht wurden, tragen auch nicht gerade zum Ansehen Thailands bei. Angeblich sind viele Überlebende (Birmanen und Bangladesher) eines Bootes von den indischen Behörden vor den Gestaden Indiens gerettet wurden, die alle von der thailändischen Marine ohne Motor und Ruder und mit gebundenen Händen auf hoher See ausgesetzt wurden. Zuvor sollen sie von Marinesoldaten geschlagen und mit Gewalt auf ihr Boot zurückgebracht worden sein. Es wird berichtet, dass vielleicht Hunderte von illegalen Immigranten in Thailand von der Marine auf dem Ozean ausgesetzt wurden und umgekommen sind. In anderen Berichten heißt es, eine nicht bekannte Anzahl von Flüchtlingsbooten aus Birma sei abgefangen worden und auf die See zurückgetrieben worden.
Gleichzeitig stehen Angehörige der thailändischen Armee im Verdacht, in den unruhigen südlichen Provinzen des Landes Aufständische gefoltert zu haben. Die thailändische Regierung gab zu, dass solche Vorgänge wohl passiert sind, aber dies sei keine offizielle Regierungspolitik. Ein Gericht hat bereits in einem Fall bestätigt, dass ein Gefangener gefoltert wurde. Anklage gegen irgendjemanden ist aber bisher nicht erhoben worden. Die Schatten der Vergangenheit lasten also schwer auf der neuen Regierung. Vorwürfe dieser Art sind Wasser auf die Mühlen von Extremisten, die das „Joch Bangkoks“ abschütteln und ihren eigenen Staat haben wollen. Das verhinderte Attentat auf den Ministerpräsidenten und seine Begleitung im Süden des Landes spricht Bände.
Die Politik ist gefordert, hier eindeutig Stellung zu beziehen. Diplomatische Winkelzüge und halbherzige Entschuldigungen sind fehl am Platz. Treffen die Beschuldigungen zu, müssen die Verantwortlichen bestraft werden. Die Armee ist ein angesehener Teil der Gesellschaft und muss sich im rechtlich vorgegeben Rahmen bewegen. Tun dies einige ihrer Mitglieder nicht, erleidet gerade dieses hohe Ansehen einen nicht wieder gut zu machenden Schaden. Gleiches gilt auch für die Polizei. Thailand bekennt sich zur UN-Charta der Menschenrechte. Von diesem Bekenntnis scheint es in letzter Zeit sich immer mehr zu entfernen. Die Bereitschaft zur Gewalttätigkeit muss eingedämmt werden, wenn sich Thailand weiterhin zu den zivilisierten Nationen dieser Erde zählen will.