Unterschriftensammlung für einen Flüchtigen
Franz Schmid
Angeblich sind fünf Millionen Unterschriften von der Bewegung „Vereinigte Front
für Demokratie gegen Diktatur“ (UDD) gesammelt worden, um in einer Petition ein
so genanntes „Royal pardon“ für den im selbst auferlegten Exil lebenden
Ex-Premier Thaksin zu erwirken.
Der angelsächsische Rechtsbegriff „Royal pardon“ bedeutet, dass ein
Staatsoberhaupt, in diesem Fall der thailändische König, eine Straftat vergeben
und die damit verbundene Strafe erlassen kann. Das Gnadenrecht ist ein
Überbleibsel des absolutistischen Zeitalters. Daher sind gegen die Ablehnung
eines Gnadenerweises keine Rechtsmittel möglich. Heutzutage wird diese Art von
Begnadigungen in den meisten Ländern nur dann ausgesprochen, wenn der Delinquent
gezeigt hat, dass er in der Lage ist, sich wieder in die Gesellschaft
einzugliedern, ohne die Gesamtstrafe verbüßt zu haben. Er akzeptiert damit die
Gesellschaftsordnung, die er zuvor verletzt hat. Bei Fällen, in denen der
Beschuldigte behauptet, zu Unrecht verurteilt zu sein, gesteht er mit der
Annahme des Pardons seine Straftat ein, meinen viele Rechtsgelehrte. Diese Art
von Begnadigungen ist eher selten, da der Beschuldigte in der Regel den
Rechtsweg beschreiten und in die Berufung gehen kann. Oft werden Begnadigungen
auf Wunsch ausländischer Regierungen ausgesprochen, wenn einer ihrer Bürger
wegen eines Kapitalverbrechens zum Tode in einem anderen Land verurteilt wurde.
In jedem Falle muss der zu Begnadigende physisch in dem Land anwesend sein, in
dem das Pardon gegeben wird. Im Falle Thaksins trifft dies nicht zu. Es ist bei
thailändischen Verfassungsrechtlern umstritten, ob ein solches „Royal Pardon“
hier überhaupt möglich ist. Normalerweise spricht der thailändische König nur
bei besonderen Gelegenheiten Begnadigungen aus, wie zum Beispiel aus Anlass
seines Geburtstages.
Zur Erinnerung: Der Ex-Premier wurde letztes Jahr Oktober in Abwesenheit zu zwei
Jahren Gefängnis wegen Amtsmissbrauch in Zusammenhang mit einem Grundstückskauf
seiner damaligen Frau verurteilt. Die Meinungen über die Rechtsgrundlage dieses
Urteil gehen auseinander und spiegeln in gewissem Sinn die gespaltene
thailändische Gesellschaft wieder. Die thailändische Regierung bleibt bei ihrem
Standpunkt, der Ex-Premier müsse seine Strafe verbüßen. Abgesehen davon, ob
letztlich ein „Royal Pardon“ tatsächlich gegeben wird oder nicht, wird dies
nicht zur Versöhnung der Gesellschaftsgruppen beitragen. Wie auch immer die
Entscheidung ausfällt, die Vermutungen und Gerüchte werden nicht verstummen, es
sei nicht mit rechten Dingen zugegangen.
Die Unterschriftensammlung ist mit großer Publikumswirksamkeit und Presserummel
vonstatten gegangen. Am 17. August soll die Unterschriftensammlung im
Sekretariat des Königshofes abgegeben werden. Die Initiatoren dieser Petition
haben der Gesellschaft damit aber keinen Gefallen getan. Hier wurde ein Feuer
entfacht, das noch lange brennen wird.
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