Warum denn gleich nervös werden?
Franz Schmid
Die Medien funktionieren leider nicht so, wie die Regierung es sich wünscht.
Zwei Vorfälle machen ihr zu schaffen und anscheinend vermutet sie dunkle Mächte,
die dahinter stecken. Was war passiert?
Da kam vor drei Wochen das TV-Programm „Vertrauen in Thailand mit
Premierminister Abhisit“ nicht richtig über den Äther. Seine sonntägliche
Ansprache musste aus „technischen Gründen“ unterbrochen werden und wurde erst
zwei Stunden später ausgestrahlt. Derartige Sachen passieren nun einmal, und man
sollte mehr Gelassenheit zeigen. Wäre es eine andere Sendung gewesen, ein
Unterhaltungsprogramm zum Beispiel, das verschoben werden musste, hätte
wahrscheinlich kein Hahn danach gekräht.
Viele werden sich noch an die berühmte Neujahrsansprache des ehemaligen
Bundeskanzlers Helmut Kohl erinnern, die am 31. Dezember 1986 vom Ersten
Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Der Techniker hatte die falsche
Videokassette eingelegt, nämlich die vom Vorjahr. Der Sender bemerkte den Irrtum
etwas später und strahlte die richtige Sendung am 1. Januar 1987 aus.
Konsequenzen für den verantwortlichen Redakteur? Keine! Die Öffentlichkeit nahm
das Versehen eher heiter auf.
Der zweite Vorfall betrifft ein Interview mit dem ehemaligen Premierminister
Thaksin Shinawatra in Dubai, das zwei Wochen später von einem staatlichen
Rundfunksender ausgestrahlt wurde. Das Interview machte in einigen
thailändischen Zeitungen Schlagzeilen, obwohl es nichts Neues brachte. Der
Ex-Premier wiederholte seine bekannten Erklärungen, er wolle sich mit seinen
Gegnern versöhnen, alle sollten zusammenarbeiten und er hätte kein Geld illegal
aus dem Land geschafft. Dies wiederholt er gebetsmühlenartig bei jeder passenden
Gelegenheit und eigentlich weiß es jeder schon.
Man kann darüber denken, wie man will. Aber ein Grund zur Nervosität besteht
nicht. Thailand sollte stolz auf seine Pressefreiheit sein, auch wenn es
Sendungen gibt, die der Regierung nicht in den Kram passen. Schlimm wäre es,
wenn die verantwortlichen Redakteure „die Schere im Kopf“ hätten und alles aus
dem Programm streichen würden, was zu möglichen Beanstandungen von wem auch
immer führen könnte. Das besagte Interview war keine Bedrohung der nationalen
Sicherheit, noch wurde zu Unruhen aufgerufen.
Die Pressefreiheit ist auch in Thailand ein Garant der freien Meinungsbildung
der Öffentlichkeit. Eine Zensur der Medien erschwert oder verhindert gar die
demokratische Entwicklung. Thailand ist eine junge Demokratie, und die
Gesellschaft befindet sich aus vielerlei Gründen im Umbruch. In westlichen
Ländern hat die Pressefreiheit einen hohen Stellenwert, sie ist eine der Säulen
des gesellschaftlichen Lebens. Leider ist dies in Schwellenländern nicht so. Der
Ex-Premier wurde wegen der Gängelung von Medien seinerzeit stark kritisiert.
Seine Kritiker sollten nicht in den gleichen Fehler verfallen.
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