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Noch mehr Peinlichkeiten
Franz Schmid
Es hätte so schön sein können, es sollte ein Gipfel der Harmonie werden. Einer
weiteren Peinlichkeit wie dem Abbruch des ASEAN-Gipfels im April des Jahres in
Pattaya oder auch nur Störungen von außen durch aufmüpfige Demonstranten hatte
man im Tagungsort Hua Hin durch starke Polizei- und Militärpräsenz einen Riegel
vorgeschoben. Alles war bis ins Detail vorbereitet, die Rothemden mit ihren
ewigen Forderungen einer Rückkehr ihres Heilsbringers mussten draußen bleiben.
Doch der saß plötzlich unter den Delegierten. Allerdings nicht persönlich,
sondern in Gestalt des kambodschanischen Ministerpräsidenten und ehemaligen
Regimentskommandeurs der Khmer Rouge, Hun Sen. Dieser bestätigte mit dreisten
Worten, er stehe dazu, dem im selbst auferlegten Exil lebenden Politiker Heimat
in Kambodscha als Wirtschaftsberater der Regierung zu gewähren, denn schließlich
seien die beiden ja langjährige Freunde. Dann ließ sich Hun Sen dazu hinreißen,
einen Vergleich zwischen der birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San
Suu Kyi und dem gestürzten Ministerpräsidenten zu ziehen. Er stellte beide auf
die gleiche Stufe. Woher er diese Weisheiten hatte, blieb unklar, ebenso in
welcher Welt der kambodschanische Ministerpräsident eigentlich lebt. Jedenfalls
war das Fiasko perfekt, die thailändische und die birmanische Delegation waren
gleichermaßen echauffiert.
Da war große Diplomatie angesagt, um die Situation zu retten. Die thailändische
Delegation ließ verlauten, alles sei wohl ein Missverständnis, Hun Sen sei über
den Fall Thaksin nicht richtig informiert. Die birmanische Delegation teilte
mit, der Hausarrest für Suu Kyi könne gelockert werden, wenn sie sich weiterhin
gut führe. Der Vorfall hat in das ansonsten wohl eher dröge Treffen etwas
Lebendigkeit gebracht, obwohl die Gruppe ansonsten keinerlei Mangel an
Frohnaturen hat.
Nachdem sich die Aufregung gelegt hatte, konnten sich die Delegierten endlich
der Tagesordnung widmen. Hehre Ziele wurden in vollmundigen Absichtserklärungen
und Kommuniques festgeschrieben. Eine Erklärung zur Zusammenarbeit bei
Bildungsmaßnahmen wurde verabschiedet, eine Stellungnahme zum Kampf gegen den
Klimawandel, eine engere Zusammenarbeit bei der Nahrungsmittelversorgung
vereinbart, eine Menschenrechtskommission ohne große Befugnisse wurde
eingesetzt, und nicht zu vergessen, aus den ASEAN-Staaten soll eine
Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Vorbild der EU gebildet werden.
Da nun die Welt wieder in Ordnung war, stand auch dem Gemeinschaftsphoto zum
Abschluss des Gipfels nichts mehr im Wege. Die Führer der Nationen hielten sich
an den Händen und strahlten Harmonie aus. Beim nächsten Gipfel in Vietnam wird
man sehen, ob diese Harmonie Bestand hat und welche Vorhaben auf den Weg gingen
oder gar verwirklicht wurden.
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