Schwierige Zeiten

Franz Schmid

Ein Ausweg aus der Krise scheint für Thailand in noch weitere Ferne gerückt zu sein. Neben den innenpolitischen Auseinandersetzungen sind jetzt noch Querelen mit dem Nachbarland Kambodscha hinzugekommen, die Thailand nicht aus den Schlagzeilen der Medien weltweit kommen lassen.
Da geht es einmal um die wieder aufgeflammte Diskussion über den Grenzverlauf am Tempel Preah Vihear, dann um die Infragestellung der bisherigen Absprachen über die Nutzung von Gas- und Ölvorkommen, die vor der Küste Kambodschas und Thailands liegen und von beiden Seiten beansprucht werden, und drittens um den Eklat, der durch die Berufung des gestürzten thailändischen Ministerpräsidenten Thaksin zum Wirtschaftsberater Kambodschas ausgelöst wurde. Dazu kommt noch ein Interview, das dieser einer englischen Zeitung gegeben hat und für große Unruhe im Lande sorgte.
Manche Zeitgenossen hörten schon die Säbel rasseln, nachdem beide Länder ihre Botschafter zurückriefen. Eigentlich sind ja Botschafter in Krisenzeiten sehr nützlich, man sollte sie lieber im Lande belassen. Anstatt zu schmollen, sollte man besser einen Dialog führen. Aber besonders gesprächsbereit scheint man in diesen Zeiten nicht zu sein. Leider schaukelten sich beide Länder zu einem Nationalismus hoch, der auf absehbare Zeit kaum zu dämpfen ist.
Grenzscharmützel am besagten Tempel haben in der Vergangenheit mehrfach stattgefunden. Obwohl es Tote und Verletzte gab, erfolgten keine derart heftigen diplomatischen Reaktionen, wie es diesmal der Fall ist. Geht es wirklich um einen verfallenen Tempel und sein Umland und einen gestürzten Premierminister, der auf Arbeitssuche ist? Oder steckt mehr dahinter?
Die Zeiten sind für Thailand schwierig, zum Teil deshalb, weil es unangemessen ist, über bestimmte Themen zu sprechen. Eine breite öffentliche Diskussion darüber ist nicht erwünscht, daher findet auch keine Meinungsbildung statt.
Regierungen aller Schattierungen haben in innenpolitisch turbulenten Zeiten immer wieder versucht, ein Feindbild von außen aufzubauen, um von ihren Problemen abzulenken. Diese Methode ist so alt, wie es Nationalstaaten gibt, vielleicht noch älter.
Ein Ausweg aus der Krise ist sie aber nicht. Gerade deshalb muss die Frage erlaubt sein, ob der letzte ASEAN-Gipfel ein Erfolg war. Hat er dazu beigetragen, die Mitgliedsländer enger zusammenrücken zu lassen? Haben andere Staaten versucht, beruhigend oder vermittelnd auf die Streithähne Kambodscha und Thailand einzuwirken? War das Abschlussphoto wirklich von Harmonie geprägt, oder wurde es nur gemacht, um dem Protokoll nachzukommen?
Alte Werte werden zunehmend in Frage gestellt. Doch beim Kampf „jeder gegen jeden“ wird es letztlich keine Sieger geben, nur Verlierer. Gewinner werden die sein, denen es gelingt, aus der Krise Kapital zu schlagen. Verlierer wird wie immer der kleine Mann auf der Straße sein. Der Weg Thailands in die Zukunft ist ungewiss. Vernunft und Augenmaß ist bei den politisch Verantwortlichen jeden Lagers gefordert, damit man nicht mit einem Kater eines Tages aufwacht.