Thailand muss sich der Welt öffnen
Franz Schmid
Thailand befindet sich immer noch in einer der schwersten wirtschaftlichen und
innenpolitischen Krisen der Nachkriegszeit. Hoffnungsschimmer auf Besserung sind
nur ansatzweise zu sehen. Leider überwiegt der Eindruck, dass das Motto „weiter
wie bisher“ die Richtlinien von Wirtschaft und Regierung bestimmt.
Die sinkenden Ölpreise haben nicht auf die Preisgestaltung alltäglicher Güter
durchgeschlagen. Hier lebende Ausländer aus den EU-Staaten, die ihr Leben mit
dem starken Euro finanzieren, spüren dies nicht, wohl aber ein großer Teil der
einheimischen Bevölkerung. Die Löhne sind trotz steigender Preise nicht
gestiegen; viele Familien haben kaum das Geld, um sich das Nötigste zu leisten.
Dies trifft besonders auf die Landbevölkerung zu.
Die Handelsbilanz Thailands war über Jahrzehnte negativ. Erst mit der Schaffung
exportorientierter Industrien, Direktinvestitionen aus dem Ausland und dem
Einsetzen des Massentourismus konnte Ende der 1980er Jahre eine Trendwende
vollzogen werden. Die Finanzkrise 1997, von Thailand ausgelöst, hatte dem Land
schweren wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Doch schon bald setzte eine
Erholungsphase ein, der mit der internationalen Finanzkrise in diesem Jahr ein
Ende gesetzt wurde. Wichtige Exportmärkte brachen weg, die Exportabhängigkeit
Thailands zeigte sich deutlich. Die Regierung reagierte mit
Konjunkturprogrammen, die vor allem kleine Haushalte entlasten sollten.
Die landwirtschaftlichen Exporte Thailands nehmen in der Handelsbilanz nur einen
der unteren Plätze ein. Zum Bruttoinlandsprodukt trägt der landwirtschaftliche
Sektor zehn Prozent bei, beschäftigt aber knapp 40 Prozent der zur Verfügung
stehenden Arbeitskräfte. Thailand muss beim Export von landwirtschaftlichen
Produkten mit Schwergewichten wie China, Israel und einigen südamerikanischen
Staaten konkurrieren. Die starke thailändische Währung macht den Wettbewerb auch
nicht einfacher.
Ein Ausweg wäre eine Änderung der Investmentpolitik gegenüber Ausländern.
Thailand muss sich der Welt öffnen und sich von restriktiven Bestimmungen der
Vergangenheit befreien, wenn es nicht den Anschluss an die globale Entwicklung
verpassen will. Wenn ausländischen Unternehmern eine größere Freiheit gewährt
würde, hätte dies mit Sicherheit große Auswirkungen auf den Produktionssektor.
Das Entstehen neuer zukunftsträchtiger Arbeitsplätze kann nur durch ausländische
Investoren vorangetrieben werden. Thailand hängt von ausländischen Technologien
und ausländischen Märkten ab. Das ist keine Einbahnstraße. Die Furcht vor zu
großem ausländischen Einfluss muss überwunden werden. Dazu gehört auch die
Möglichkeit, dass ausländische Privatleute Grundbesitz („Häuschen mit Garten“)
erwerben können. Merkwürdigerweise ist es Ausländern nicht gestattet, Grund und
Boden zu erwerben, aber Immobilienbesitz, zum Beispiel in Form von Apartments.
Dieser kuriose Rechtszustand ist ziemlich einmalig auf der Welt.
Die in Pattaya und anderen Touristenorten entstehenden Apartmentgroßbauten sind
in erster Linie für wohlhabende Ausländer gedacht und als Devisenquelle mehr als
willkommen. Doch das wird langfristig nicht ausreichen, um zu einer
Haushaltskonsolidierung zu kommen. Die kann nur mit kräftigen ausländischen
Investitionen gelingen, die die Wirtschaft wieder antreiben und einer Vielzahl
von Einheimischen wieder ein anständiges Einkommen verschaffen, was dem
Konsumklima zugute kommt. Diese Einsichten sind nicht neu, aber wer hat den Mut,
sie umzusetzen?
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