Welche Zukunft?

Franz Schmid

Anlässlich der kürzlich in Thailand gefeierten Nationalen Kindertags war vor allem ein Satz immer wieder zu hören und zu lesen: Die Kinder sind die Zukunft unseres Landes.
Der Satz ist wahr, aber kümmert sich die Gesellschaft wirklich um alle Kinder? Eine thailändische Stiftung zum Kinderschutz hat erschreckende Zahlen in dieser Woche bekannt gegeben. Die geschätzte Anzahl der Straßenkinder lag im Jahr 2006 bei etwa 20.000, in diesem Jahr wird sie auf 30.000 geschätzt. Die meisten dieser Kinder leben in den großen Städten, wobei etwa ein Drittel davon in Bangkok auf der Straße lebt.
Wie die Zukunft dieser Kinder aussehen wird, kann man sich leicht ausmalen. Der größte Teil wird keinen Platz in der normalen Gesellschaft finden und in die Kriminalität und Prostitution rutschen. Die Gründe für die hohe Anzahl von Straßenkindern liegen hauptsächlich in der wirtschaftlichen Gesamtsituation. Viele Eltern können es sich einfach nicht leisten, ihren Kindern eine ordentliche Schulbildung angedeihen zu lassen. Die Kinder müssen schon in jungen Jahren arbeiten gehen. Aber viele Kinder laufen auch von zuhause weg, um den familiären Verhältnissen zu entkommen. Die Straße bedeutet für sie Freiheit. Ein gutes Beispiel sind die Blumen- und Lotterielistenverkäufer, die man an den Straßenrändern sieht, meist an Kreuzungen mit Verkehrsampeln.
Der Gegensatz könnte bei diesem Bild nicht größer sein. Da ist einmal der mehr oder weniger wohlhabende Autofahrer, zum anderen das Kind, das Blumenschmuck fürs Auto anbietet. Oft Hartherzigkeit ist bei manchem Autofahrer zu bemerken. Sie feilschen um den Preis oder nehmen erst gar nichts ab, mit dem Gedanken, dies seien sowieso nur organisierte Bettlerbanden, und manchmal folgt noch eine abschätzige Bemerkung. Macht sich jemand Gedanken um das Kind, das vielleicht auf ehrliche Art und Weise versucht, ein paar Baht zum Leben zu verdienen?
Was kann eigentlich die Gesellschaft tun, um diese Missstände abzustellen? Ist vielleicht das Schulsystem reformbedürftig, bekommen nur Kinder privilegierter Eltern eine ordentliche Ausbildung? Welche Freizeitangebote gibt es für Kinder?
Jeder, der die Verhältnisse in Thailand kennt, kann selbst eine Antwort darauf finden. Es ist nicht damit getan, an einem Jahr des Tages an die Kinder zu denken und sie ansonsten nicht zu beachten. Sicher gibt es Hilfsorganisationen, die sich um Kinder kümmern. Aber dies ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Das Problem muss gesamtgesellschaftlich gelöst werden und kann nicht privaten Organisationen überlassen werden. Daher müsste der anfangs zitierte Satz eigentlich lauten: „Welche Zukunft haben unsere Kinder?“. Und der Politiker, der ihn ausspricht, sollte doch gleich ein paar Antworten parat haben.