Wer wird denn gleich
nervös werden?
Franz Schmid
Manche Leute scheinen das Gras wachsen zu hören. Die politische
Anspannung in Thailand ist da gerade der richtige Nährboden für Gerüchte aller
Art. Am Montag vergangener Woche rollten in der Nacht 22 gepanzerte Fahrzeuge
über die Straßen Bangkoks und versetzten die Medien in höchste Aufregung. War es
wieder soweit? Wird ein Militärputsch vorbereitet? Wilde Gerüchte kursierten in
der Stadt. Die Bevölkerung Bangkoks nahm es allerdings mehr oder weniger
gelassen hin, denn schließlich ist man „militärputscherprobt“: seit 1932 gab es
immerhin zwanzig davon.
Die Erinnerung an den letzten Putsch im September 2006 ist noch relativ frisch.
Es war nicht besonders aufregend, Panzer umstellten die Regierungsgebäude, im
staatlichen Rundfunk wurden patriotische Lieder gespielt und das Fernsehen
zeigte Bilder der Königsfamilie, Soldaten ließen sich mit Models aus
A-Go-Go-Bars ablichten – alles in allem eine Art Politfolklore.
Doch Panzer auf den Straßen weisen nicht unbedingt auf einen geplanten Putsch
hin, manchmal gibt es auch banale Gründe. Die gepanzerten Fahrzeuge kamen von
einem Einsatz per Eisenbahn im tiefen Süden zurück und sollten für eine
Friedensmission im Sudan überholt werden. Die etwas älteren Fahrzeugtypen,
immerhin schon seit 1978 in Gebrauch, wurden schließlich in ein Militärdepot in
Pathum Thani gebracht.
Ein Militärsprecher wies auch gleich darauf hin, das Militär habe seine
Lektionen aus der Vergangenheit gelernt, und außerdem sei es aus der Mode
gekommen, über Militärputsche innerhalb der Armee zu sprechen. Gleichzeitig
entschuldigte er sich bei der Öffentlichkeit für die entstandene Unruhe. Auch
die zu-
ständigen Ministerien stellten sich hinter den Sprecher und teilten mit, das
Militär stehe zu demokratischen Prinzipien und überlasse es den Politikern,
politische Probleme zu lösen.
Jedoch sind viele politische Beobachter skeptisch, denn schließlich hatte
Putschgeneral Sonthi Boonyaratkalin vor seinem Putsch wiederholt beteuert, es
werde niemals ein Putsch stattfinden. Vor kurzem relativierte er das, als er
sagte, wenn kein Putsch stattgefunden hätte, sähe das Land heute anders aus. Die
Aussage ist richtig, aber niemand weiß, wie es ausgesehen hätte.
Gerüchte werden aus vielen Quellen gestärkt. In den letzten Jahren ist viel über
bevorstehende Staatsstreichs in Thailand in allen politischen Lagern gesprochen
worden. Auftrieb bekamen die Gerüchte durch einen Granatenanschlag auf das Büro
von General Anupong Paochinda und die Er-
klärung des Ex-Premierministers Thaksin Shinawatra, er werde im Falle eines
Putsches eine Exil-Regierung bilden.
Insgesamt sollten die Medien mit der Situation gelassener umgehen. Man kann auch
einen Putsch herbeireden. Und wie alle wissen, ist es schwer, die Geister wieder
loszuwerden, die man gerufen hat. Also bitte nicht gleich nervös werden, wenn
ein paar Panzer auf den Straßen rollen, ohne dass die Militärführung vorher
langatmige Presseerklärungen abgibt.
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