Der Streit ums Wasser kommt noch

Franz Schmid

Wie in jedem Jahr hat Thailand zu dieser Jahreszeit unter Dürre und Wassermangel zu leiden. Doch in diesem Jahr ist die Lage besonders ernst. Die Behörden in den betroffenen Provinzen schlagen Alarm, und der thailändische Premierminister hat das Problem zur Chefsache erklärt.

Betroffen ist in erster Linie die Landwirtschaft. Zu den ziemlich hohen Temperaturen kommt auch noch der niedrige Wasserstand des Mekong, eine brisante Mischung. Diese hat schon Auswirkungen auf die Reisernte. Viele Reisbauern müssen erkennen, dass in diesem Jahr die gewohnte Qualität nicht erreicht wird. Für Thailand als größtem Reisexporteur der Welt ist dies eine bittere Wahrheit. Das Landwirtschaftsminis­terium rät sogar davon ab, in diesem Sommer ein zweites Mal Reis zu pflanzen. Die sowieso nicht üppigen Einkommen der Landwirte werden wohl noch schmäler. Der Wasserstand in den Dämmen liegt bei 15 Prozent der Kapazität, 6 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Verdacht liegt nahe, dass am niedrigen Wasserstand des Mekong China zumindest eine Mitschuld trägt. China ist mit dem Bau von acht neuen Talsperren beschäftigt, wovon drei bereits fertiggestellt sind. Der vierte im Bau befindliche Staudamm soll eine Höhe von 300 Metern erreichen und viele Milliarden Kubikmeter Wasser fassen können. Dieses Wasser ist dann  für die Mekong-Staaten Südostasiens verloren. Chinas Wirtschaft braucht Ener­gie und Wasser. Das Wasser scheint sich das Land auf Kosten anderer Länder zu besorgen. Die chinesischen Behörden sind um Ausreden nicht verlegen, sie sagen, nur 15 Prozent der Wassermassen des Mekong fließen durch China. Sie sagen aber nicht, wie viel Wasser sie dem Fluss zurzeit entnehmen oder später entnehmen wollen. Man ist in China wohl der Meinung, andere Staaten werden sich nicht mit der stärksten Volkswirtschaft Asiens anlegen wollen. Doch das kann ein Trugschluss sein. Wasser ist für jedes Land ein unverzichtbares Gut. Es wird zum Streit ums Wasser kommen. Wird der Wasserhahn buchstäblich zugedreht, wird es nicht nur zu verbalen Attacken kommen. Zukunftsforscher sehen schon Kriege ums Wasser voraus. Das wird vielleicht in absehbarer Zeit nicht geschehen, aber denkbar ist es allemal.

Vom Wasser des Mekong hängen außer Thailand noch eine Reihe anderer Länder ab. Niemand kann sich vorstellen, was geschehen würde, wenn der Wasserstand des Flusses immer niedriger wird und der Fluss sogar austrocknet. Für Millionen Menschen ist er die Lebensader schlechthin. Pikanterweise liegt das Quellgebiet des Mekong im tibetischen Hochland. Mit der Besetzung Tibets hat sich China auch die Wasserversorgung durch den Mekong gesichert. Angenommen, ein unabhängiges Tibet würde die Quellflüsse des Mekong stauen, würde sich China das gefallen lassen.