Franz Schmid
Offensichtlich war
aus den großartig angekündigten Demonstrationen, die thailändische Regierung zum
Rücktritt zu zwingen, schon bald der Schwung raus. Vollmundig hatten die Führer
der Rothemden erklärt, eine Million Menschen auf die Straßen Bangkoks zu bringen.
Ziel war es, die Stadt lahm zu legen und aller Welt die Handlungsunfähigkeit des
amtierenden Ministerpräsidenten zu zeigen. Das misslang gründlich. Nach
Polizeischätzungen waren es gerade einmal 100.000 Demonstranten, mehr
konservative Schätzungen gehen von 70.000 bis 80.000 Personen aus.
Bangkok war
vorbereitet, die Schulen schlossen zu den Sommerferien einen Tag
früher. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, an den kritischen Tagen zu
Hause bleiben und nur nicht verschiebbare Dinge außerhalb der
eigenen vier Wände zu erledigen. Am Montag vergangener Woche war
dann schon wieder „business as usual“ angesagt, zu kleineren
Verkehrsstörungen durch die Rothemden kam es nur vereinzelt und
konnten leicht verschmerzt werden.
In einem
letzten verzweifelten Anlauf verfielen dann einige Organisatoren auf
die Idee, ein unappetitliches Ritual durchzuführen: Blutopfer
sollten die Regierung aus dem Amt jagen. Da man nun nicht eine
Million Menschen zusammentrommeln konnte, sollte wenigstens eine
Million Kubikzentimeter Blut (1.000 Liter) von den Demonstranten
abgezapft werden und vor Regierungsstellen vergossen werden. Auch
dieses Ziel wurde nicht erreicht. Schon alleine weil es – auch bei
schnellstem Abzapfen – mindestens 5 Tage dauern würde, allen diesen
Mensch eine geringe Menge Blut abzunehmen. Gesundheitsexperten
warnten außerdem, bei den hohen Tagestemperaturen im Freien Blut
abzunehmen. Außerdem ist durch das Verspritzen von Blut die Gefahr
von Infektionen sehr hoch. So fand der Appell zur „Blutspende“ nicht
die erwünschte Resonanz. Angeblich waren die Initiatoren dazu
gezwungen, Tierblut von Schlachthöfen dazu zu kaufen, um wenigstens
auf eine werbewirksame Menge zu kommen. Man hatte sogar einen
angeblichen brahmanischen Priester gewonnen, ein altertümliches
Ritual durchzuführen, was vielleicht bei einigen abergläubischen
Demonstranten seine Wirkung zeigte. Keine Wirkung zeigte es bei der
Regierung. Das Gegenteil wird wahrscheinlich eintreten, denn dieser
Akt wird die Rechtsanwälte sicher noch Jahre beschäftigen, da dieses
„Blutvergießen“ als biologische Attacke und Kriminalakt ausgelegt
werden kann.
Blutopfer sind
eigentlich etwas aus der Mode gekommen. Im Altertum bis hin ins
Mittelalter wurden sie durchgeführt, um die Götter gnädig zu stimmen.
In einigen Kulturen wurden sogar Menschenopfer dargebracht.
Wahrscheinlich werden viele Menschen das Blutverspritzen als
Schwarze Magie und satanischen Akt auslegen. Man kann nur hoffen,
dass der selbsternannte brahmanische Priester, der seine Hand ins
Blut tauchte, um seinen Handabdruck auf der Mauer zu hinterlassen,
sich keine HIV-Infektion oder Hepatitis eingeholt hat.
Menschliches
Blut ist ein kostbares Gut. Es auf die Straße oder an Häuserwände
und Zäune zu vergießen, ist ein Frevel. Krankenhäuser sind für jede
Blutspende dankbar, denn damit kann Leben gerettet werden.
Diese Aktion
der Rothemden war historisch gesehen eine Premiere. Die
Flughafenbelagerung, die noch in guter Erinnerung ist, war es
ebenfalls. Ein thailändischer Politiker nannte sie „eine Innovation
des öffentlichen Protests“. Das „Blutvergießen“ der Rothemden ist
dies sicherlich auch, allerdings hat der Himmel sie nicht erhört.
Die Götter haben das Opfer nicht angenommen.