Franz Schmid
Die Zusammenstöße
zwischen Demonstranten der so genannten Rothemden und den Ordnungskräften am
Samstag vor Songkran werden wohl in die Geschichte Thailand als „Schwarzer
Samstag“ eingehen. Radikale Gruppierungen haben endlich das gesehen, was sie
schon lange sehen wollten: Blut auf der Straße. Doch dieses Mal war es nicht
symbolisch zweifelhaftes Blutvergießen von „Blutspenden“, sondern das Blut
Getöteter und Verletzter.
Die
zivilisierte Welt schaut fassungslos auf dieses Drama. Auch der
kleine Mann auf der Straße in Thailand, nennen wir ihn einmal Somsak,
ist ebenso entsetzt. Somsak wird sich fragen, ob es das alles wert
ist. Und Somsak wird sich mit Sicherheit nur eine Antwort geben: Was
zu viel ist, ist zu viel, genug ist genug.
Aber wer hört
schon auf Somsak? Der innenpolitische Kampf ist noch lange nicht zu
Ende, und es kommt noch besser. Die Wahlkommission will die
Auflösung der regierenden Demokratischen Partei beantragen. Als
Begründung muss eine zweifelhafte Spendenaktion für die Demokraten
vor fünf Jahren herhalten. In Thailand scheinen die Mühlen der
Justiz besonders langsam zu arbeiten. Ob die Begründung einer
Prüfung des Verfassungsgerichts standhalten kann, ist eigentlich gar
nicht mehr das Thema. Viel ernster sind die Auswirkungen einer
Parteiauflösung. Die Oppositionspartei Pheu Thai würde ohne
Neuwahlen die Regierungsmacht übernehmen. Dann ist davon auszugehen,
dass die Rothemden wieder in ihre Heimatdörfer abziehen. Die Ordnung
auf den Straßen wäre gesichert. Aber wie lange?
Sicher nicht
sehr lange, die so genannten Gelbhemden würden mobilisieren mit der
Begründung, die Regierung sei durch die Hintertür in Amt und Würden
eingesetzt worden. Das Straßentheater würde wieder erneut beginnen,
allerdings diesmal mit anderen Hauptdarstellern. Somsak wird nicht
zur Ruhe kommen, er muss mit ansehen, wie sein schönes Land von
Interessengruppen verschiedener Couleur systematisch ruiniert wird.
Wie lange kann das gut gehen, wird er fragen.
Inmitten des
politischen Chaos blühen die Gerüchte. Da ist die Rede von einem
Militärputsch, um die Ordnung mit Gewalt wiederherzustellen, da ist
die Rede, dass Teile des Militärs nicht mehr hinter der Regierung
stehen, da ist die Rede, dass einige Abgeordnete der
Koalitionsparteien die Seiten wechseln wollen und mitten drin steht
ein zögerlicher Ministerpräsident, dem die Zeit wegläuft. Er sieht
sich vor größere Probleme gestellt als seine Vorgänger Samak
Sundaravej und Somchai Wongsawat, da es anscheinend keine klaren
Fronten mehr gibt.
Ist überhaupt
noch etwas zu retten, war ein demokratisches Thailand nur ein
Märchen, wird sich Somsak fragen. Und er hofft, dass sein Vaterland
nicht zu einem missratenen Staat wird, in dem entweder die Anarchie
oder steinreiche Gauner herrschen.