Dr. Claus Rink, Geowissenschaftler und Spezial-Korrespondent
der Pattaya Mail Media Gruppe
Teil 1
Seit Wochen gibt es
vulkanische Aktivitäten auf Island, die immer stärker werden. Es ist so, als
würde man auf einem anderen Planeten leben, man merkt die Stärke der Natur, die
unsere kleinen Luxusprobleme auf einmal vergessen lässt und Leben innerhalb von
Sekunden vernichten kann.
Der vor kurzem erfolgte
Ausbruch sandte Asche und Felsbrocken zwischen 6.000 und 9.000 Meter in die Luft
und überzog Nord- und Mitteleuropa mit einem Ascheschleier. Die Auswirkungen der
Asche waren für unser empfindliches Verkehrssystem so stark, dass alle Flüge
einige Tage eingestellt werden mussten und viele Menschen gestrandet in den
Flughäfen blieben.
Dieser neue Ausbruch ist
circa zehnmal stärker als es der letzte war und ist unter einem Gletscher
entstanden. Der Gletscher riss auf, ist teilweise geschmolzen und rief einen
Gletscherlauf (Jökulhlaup) hervor, der mehrmals zu Überflutungen im Süden
Islands führte, und das niedrig gelegene Land um den Vulkan am 14. April
erreichte, zerstörte Straßen, Infrastruktur und Ackerland. Es kostete keine
Menschenleben, da die Bewohner rechtzeitig evakuiert wurden. Dann begann der
Tephraregen (Regen aus Asche- und kleinen Felsstücken) im Südosten Islands und
ein zweiter Gletscherfluss fand seinen Weg von der Eiskappe. Die Aktivität des
Vulkans äußerte sich weiter durch vermehrten Ascheausstoß und große Mengen an
Schmelzwasser. Diese Aktivitäten blieben stetig vorhanden; pulsierende
Ascheschwaden erreichten bei den Ausbrüchen eine Höhe zwischen 5 und 8 km.
Viele Wissenschaftler
befürchten nun, dass die Ausbrüche des Eyjafjallajökull Vulkans erst der Anfang
sind und auch den Katla Vulkan unter dem Myrdalsjökull, der wesentlich größer
und stärker ist, ausbrechen lassen. Sollte dies der Fall sein, ist mit massiver
Verwüstung zu rechnen. Katlas Ausbrüche sind schon in der Historie sehr stark
gewesen und führten in Mitteleuropa zu Klimaveränderungen. Ferner werden durch
plötzliche Überschwemmungen enorme Mengen an Wasser freigesetzt, die zu
100-prozentiger Zerstörung führen. Bei seinem letzten Ausbruch wurden 200.000
Kubikmeter Wasser pro Sekunde freigesetzt (zum Vergleich: der Amazonas hat an
seiner Mündung einen Durchfluss von etwa 10.000 Kubikmeter pro Sekunde). Straßen,
Farmen und deren Bewohner wurden dabei mitgerissen.
Die Hauptvulkane auf Island.
Der Katla bricht im
Durchschnitt alle 40 bis 80 Jahre aus. Der letzte Ausbruch war 1918, sodass ein
Ausbruch bereits überfällig ist, und die Vermutungen der Vulkanologen gehen
dahin, dass die momentanen Ausbrüche des Eyjafjallajökull die Vorboten zu einem
Ausbruch von Katla sein könnten. Jedem der letzten Ausbrüche des
Eyjafjallajökull (920, 1612 und 1821-23) folgte nämlich ein Ausbruch des Katla.
Der Eyjafjallajökull ist
im Westen des Katlas gelegen. Es ist ein mit Eis bedeckter Stratovulkan mit
einem 2,5 km breiten Krater und liegt unter einer Gletscherkappe. Vor und nach
dem Ascheausbruch fließt Lava aus Spalten über die östlichen und westlichen
Flanken des Vulkans, stärker auf der westlichen Seite. Die Menge der Lava
beträgt nach aktuellen Messungen (16. April) etwa 500 – 1000 Kubikmeter/sec. Der
1.666 Meter hohe Vulkan ist in historischen Zeiten öfter ausgebrochen ist, aber
weniger aktiv als andere Vulkane auf Island, wie Hekla, Grimsvötn und Katla. Der
Ausbruch fand auf einem circa 2 km breiten Stück zwischen Eyjafjallajökull und
dem benachbarten Katla statt, der ebenfalls unter einer Eiskappe liegt, aber
einen Kraterdurchmesser von etwa 14 km hat.
Blick auf die beiden Vulkane.
Der Katla Vulkan ist
bekannt für seine kräftigen, subglazalen phreatomagmatischen Ausbrüche
(Ausbrüche unter dem Eis mit stark zersplitterten Aschepartikeln), deren Volumen
10 Kubikkilometer erreichen. Die südliche Stadt Vik, nahe den letzten
Ausbrüchen, wurde auf höherem Gebiet erbaut, da man weiß, dass einem Ausbruch
Katlas Überflutungen folgen werden. Der schlimmste Ausbruch auf Island erfolgte
1783, als der Laki Vulkan seine Spitze in die Luft jagte. Die Lava schoss auf
eine Höhe von 1,4 Kilometer, und mehr als 120 Millionen Tonnen Sulphurdioxid
wurden in die Atmosphäre freigesetzt. Ein Viertel der Bevölkerung der Insel
starb, und die Welt wurde verändert, da der Ausbruch Europas „Sandsommer“
hervorrief, eine Giftwolke über Prag legte, mit der Ernte in Frankreich ihr
Schindluder trieb – manchmal als beitragender Faktor zur Französischen
Revolution gesehen – und das Weltklima dramatisch veränderte. New Jersey
berichtete damals über den schlimmsten Schneefall und Ägypten über die
schlimmste Dürre.
Claus Rink ist Geologe und arbeitet in Island und Grönland. Er ist auch Lehrer
und unterrichtet Vulkanologie und Gletscherkunde. Er gibt kleinen Gruppen
interessierter Leute die Möglichkeit, ihm auf seinen Erkundigungswegen zu folgen.
Er ist auch Mitglied des Rotary Club Eastern Seaboard in Pattaya und führt dort
Unterrichtsprogramme für unbemittelte Menschen durch.
Der letzte bekannte
Ausbruch des Eyjafjallajökull begann im Dezember 1821 und dauerte mit
Unterbrechungen mehr als ein Jahr. Der benachbarte Katla brach zuletzt am 26.
Juni 1823 aus. Andere Ausbrüche sind belegt in den Jahren 1612 oder 1613 und
circa 920 nach Christus. Da der Eyjafjallajökull ein relativ kleiner Vulkan ist,
werden seine Eruptionen voraussichtlich keinen signifikanten Einfluss auf das
Weltklima haben, im Gegensatz zu den Eruptionen des Katla.
Island liegt auf einer
riesigen vulkanischen Magmakammer über dem Mittelozeanischen Rücken im Atlantik,
ist überhaupt erst durch die Magma entstanden und damit ein noch junges Land mit
seinen 13 Millionen Jahren. Das übliche Schema der isländischen Vulkanausbrüche
folgt dem Heben und Ausdehnen der Magmabewegung in Tiefen von nur wenigen
Kilometern.
Die Aschenwolke auf dem Weg nach Europa (Foto: NASA)
Durch Analysen von Radar-Daten
wissen die Wissenschaftler über zwei Events des Eyjafjallajökull in den Jahren
1994 und 1999 zu berichten, die beide in ähnlicher Weise begannen, wobei jedoch
Magma innerhalb der Kruste verblieb. Gegen Ende der Eiszeit waren Ausbrüche auf
Island cirka 30 Mal heftiger als in der heutigen Zeit. Dies kam durch die
Verminderung der Eislast und den dadurch verminderten Druck auf die Oberfläche
der Erdkruste, was zur kompressionsverminderter Schmelzung führte.
Die Behinderungen im Flugverkehr über Europa, die aber die gesamte Welt
betreffen.
Seit dem Ende des 19.
Jahrhunderts sind die Eiskappen Islands im Rückgang, bedingt durch klimatische
Veränderungen. Dies kann zu vermehrter Magmaerzeugung führen und deshalb sind
vermehrte Vulkanausbrüche schlimmerer Art in der Zukunft durchaus wahrscheinlich.
Wann und wo kann keiner seriös vorhersagen. Wir werden unser zivilisatorisches
Leben auf die Naturabläufe umstellen müssen.
Der zweite Teil folgt
nächste Woche: Veränderungen in unserer Umwelt durch Vulkanausbrüche und der
Ablauf von historischen Ausbrüchen.