10. Thailand Schach Open – auch in schweren Zeiten erfolgreich
Heinz Brunthaler
Ganz gewiss hatten sich
Organisator Kai Tuorila und der Thailändische Schachverband (Thai Chess
Assoziation) den Rahmen für ihr Jubiläumsturnier etwas anders vorgestellt. Am
Wochenende vor dem Start des Turniers war es zu blutigen Ausschreitungen in
Bangkok gekommen, den schwersten seit fast zwanzig Jahren. Gegen Ende des
Turniers mussten sich die Teilnehmer aus Europa sorgen, wie und wann sie wieder
in ihre Heimat zurückkommen konnten.
Ausgerechnet von Island,
einer der schachfreundlichsten Nationen der Welt, ging diese Beeinträchtigung
der Schachwelt (und natürlich nicht nur dieser) aus, sogar der Beginn des Schach-
Weltmeisterschaftskampfes in Sofia, Bulgarien, musste deshalb um einen Tag
verschoben werden. Mit diesem Rahmen wird das Turnier sicher unvergesslich für
die Teilnehmer bleiben.
Volle
Konzentration beim Spiel Hansen (links) gegen Short. (Photo: Bangkok Chess Club)
Leider wurde durch die
politischen Unruhen der fast sicher scheinende Sprung über die
200-Teilnehmer-Marke nicht geschafft. Mit 106 (Vorjahr 122) Teilnehmern im
Meisterturnier und 56 im Challenger (Vorjahr 71), also insgesamt 161 (2009 in
Pattaya: 193), gab es sogar einen Rückschlag, der aber den Umständen
entsprechend noch eher harmlos ausfiel.
Nachdem der in Pattaya
lebende deutsche Großmeister Gerhard Schebler aus Termingründen nicht teilnehmen
konnte, hatte man auf die Teilnahme des dreifachen Deutschen Meisters Thomas
Luther aus Erfurt gehofft. Doch den hatte die ungewisse Lage abgeschreckt. Er
nahm stattdessen an einem Turnier in Kuala Lumpur teil, wo er einen guten 3./4.
Platz unter 115 Teilnehmern erzielte – und von der Aschewolke an der Heimreise
gehindert wurde!
So blieb als deutscher
Hoffnungsträger nur Martin Voigt, der schon im Vorjahr ausgezeichnet
abgeschnitten hatte. Er startete auch gut, hatte aber das Pech, schon in der 3.
Runde gegen den späteren Turniersieger Großmeister Hansen (Dänemark) ausgelost
zu werden.
Trotz einer auch weiterhin
unglücklichen Auslosung erkämpfte sich Voigt am Ende aber dennoch einen
beachtlichen 16. Platz. Die acht anderen deutschen Teilnehmer belegten gute
Plätze im Feld, konnten aber nicht ins Geschehen eingreifen.
Hoher Favorit war wieder
der frühere WM-Herausforderer Nigel Short, der aber sein Lieblingsturnier erneut
nicht gewinnen konnte. Der Däne Sune Berg Hansen legte einen souveränen Start-Ziel-Sieg
hin, spielte gegen Short Unentschieden und konnte sich in der letzten Runde
gegen den schwächeren Inder Jayaram Ashvin sogar ein Remis leisten, so dass er
ungeschlagen mit 8 aus 9 Punkten vor dem ebenfalls ungeschlagenen Nigel Short
mit 7,5 Punkten alleiniger Sieger wurde und den 100.000-Baht-Geldpreis gewann.
Dritter wurde der Inder
Sunil Mokal Phrathamesh (7 Punkte) vor fünf punktgleichen Spielern mit je 6,5
Punkten. Die indische Delegation war in diesem Jahr äußerst erfolgreich und
besetzte sechs Plätze unter den ersten zehn.
Das Thailand Open ist
gleichzeitig die Landesmeisterschaft von Thailand, der bestplatzierte Thai
gewinnt den Titel. Dies gelang dem Fide-Meister Jirapak Pitirotjiraton, der
bereits 2008 Meister von Thailand war. Mit 5,5 Punkten und Platz 23 konnte er
ein beachtliches Ergebnis vorweisen. Allerdings war der Abstand zum
Vorjahressieger Teerapabpaisit Wisuwat äußerst knapp, erst die dritte Wertung
entschied, was etwa einen Zielphoto-Sieg entspricht.
Im Meisterturnier trafen
sich Teilnehmer aus 28 Nationen. 34 der 106 Teilnehmer hatten einen Meistertitel
vorzuweisen, darunter vier Großmeister, eine Großmeisterin und 12 Internationale
Meister. Damit war die Besetzung etwas schwächer als im Vorjahr, aber doch noch
recht stark.
Das Challenger-Turnier
gewann der Engländer Andrew Horton-Kitchlev sicher mit 6,5 aus 7 Punkten vor der
indischen Fide-Meisterin Mohut Swati mit 6 Punkten. Aus Deutschland nahmen nur
zwei Spieler teil, von denen aber Harald Chod einen guten 6. Platz mit 5,5
Punkten erreichte.
Gewiss wird es auch in
2011 wieder ein Thailand Open geben, wenn auch der Austragungsort noch nicht
feststeht und die Eskalation der Demonstrationen und Ausschreitungen als dunkler
Schatten über dem nächsten Turnier hängt.
Die Veranstalter wären
vermutlich gut beraten, wieder das friedlichere Pattaya zu wählen, wo während
der langen Songkran-Woche zwar der ein oder andere Teilnehmer nass gemacht wird,
aber ein Turnier kaum wirklich ins Wasser fallen dürfte. Da es auf der Erde nur
16 besonders große und gefährliche Vulkane gibt, dürfte das unkalkulierbare
Staubwolken-Risiko nicht so groß sein und – anders als in der Politik – lässt
sich gegen Naturgewalten nun mal nichts machen.
Auf jeden Fall werden die
meisten Fans diesem ausgezeichnet organisierten Schachturnier weiter die Treue
halten, und wenn irgend möglich, auch in schweren Zeiten dennoch wieder nach
Thailand kommen.