Franz Schmid
Es steht in den
Sternen, was uns nach Beendigung der innenpolitischen Krise Thailands erwartet,
sowohl auf gesellschaftlicher wie wirtschaftlicher Ebene. Werden mit heißer
Nadel gestrickte Sonderetats zum Ausgleich finanzieller Verluste von Unternehmen,
die durch die Ausschreitungen in Bangkoks Geschäftsviertel betroffen waren,
ausreichen, den Vertrauensschwund ausländischer Investoren zu beenden?
Thailand hatte
einen Ruf als zuverlässiger, berechenbarer und guter
Geschäftspartner. Dieser Ruf scheint angekratzt zu sein. Die viel zu
lange anhaltende Krise zeigt, dass es den Thais an Verhandlungs- und
Kompromissbereitschaft mangelt. Wenn es nicht gelingt, diese
Tugenden wiederzubeleben, hilft auch die Vergabe von niedrig zu
verzinsenden Krediten an kleine und mittelständische Unternehmen
nach dem Gießkannenprinzip nichts, auch wenn das im Einklang mit dem
Versöhnungsplan des Regierungschefs steht. Die Überbrückung sozialer
Unterschiede in der Gesellschaft ist damit nicht angesprochen,
ebenso wenig wie die das Land in vieler Hinsicht lähmende Korruption.
Leider ist die
Gesellschaft im Allgemeinen so materialistisch geworden, dass Leute
bewundert werden, die ihren Wohlstand öffentlich zeigen, ganz egal
auf welche Weise sie ihn erworben haben, oftmals gar durch
Machtmissbrauch.
Eine der
großen Aufgaben, die gelöst werden müssen, ist eine gerechte
Verteilung des Gesamteinkommens. Dazu gehört auch eine vorzeigbare
Verbesserung des Lebensstandards der Landbevölkerung in strukturell
schwachen Gegenden und eine Anhebung des Niveaus der Lehrpläne in
staatlichen Schulen. Die Demonstrationen der vergangenen Monate
haben gezeigt, dass diese und weitere Reformen unbedingt nötig sind,
um den sozialen Frieden wiederherzustellen. Die Demonstrationen
richteten sich gegen die so genannte Elite in Bangkok, der für
jegliches Elend die Schuld in die Schuhe geschoben wurde. Aber was
ist eigentlich mit den Verantwortlichen in den Wahlkreisen, aus
denen sich der größte Teil der Demonstranten rekrutiert? Es ist
schwer zu glauben, dass diese Führungsschicht eine blütenweiße Weste
hat, hingegen die Bangkoker Elite den Wolfskapitalismus darstellt.
Warum haben diese Volksvertreter in den Provinzen sich nicht um das
materielle Wohlbefinden ihrer Wählermassen gekümmert? Ging es ihnen
ebenso nur um ihren Einfluss und ihre Macht plus Geld, die sie in
den jeweiligen Wahlen nur erweitern wollten?
Irgendwann
wird es Neuwahlen geben. Werden diese wieder nach alter Tradition
mit Schmiergeldern und Stimmenkauf durchgeführt, wird es keine
Verbesserungen im Land geben. Wie lernfähig ist die Gesellschaft,
insbesondere die Bevölkerung auf dem flachen Land? Der schnelle Baht
(für Wirtschaftsunternehmen oder für Wähler) wird den Weg aus der
Krise nicht weisen, die viele Opfer an Menschenleben gefordert hat.
War dann alles vergebens?