Unausgewogen unparteiisch?

Franz Schmid

Schlimme Wochen liegen hinter Thailand. Und es sieht so aus, als wäre es kaum möglich, einen Schlussstrich unter die Ereignisse zu ziehen, die uns so sehr beschäftigt haben. Die Berichterstattung über die gewaltsame Auflösung der Demonstration der Rothemden im nob­len Bangkoker Geschäftsviertel Ratchaprasong und die anschließenden Ter­roristenakte und Brandstiftungen haben auch in den internationalen Medien einen breiten Raum eingenommen.

Gerade in thailändischen Medien wird beklagt, dass die Berichterstattung im Ausland parteiisch war, besonders sind amerikanische und britische Fernsehsender kritisiert worden. Ihnen wird vorgeworfen, zu sehr aus der Sicht der Protestierenden berichtet zu haben. Einer der Gründe dafür liegt wohl darin, dass die Reporter auf der Straße dicht am Geschehen waren und mit den Rothemden mehr Kontakt hatten als mit den Regierungsstellen. Berichterstattung ist immer über Menschen, diese stehen im Mittelpunkt. So war es auch hier. Es ist bei weitem angenehmer, mit „armen“ Demonstranten aus entlegenen Provinzen die Zeit mit Interviews zu verbringen, als mit bewaffneten Soldaten in Camps oder Kontrollpunkten auszuharren.

Menschlich verständlich ist es dann, dass die Berichterstattung parteiisch gefärbt ist, wobei speziell hier auch noch folkloristische Züge ins Spiel kamen, die sich auf dem Bildschirm gut machen. Schließlich muss man ja auch an die Einschaltquote denken.

Der thailändischen Regierung und den Sicherheitskräften ist vorzuwerfen, dass sie eine schlechte – wenn überhaupt eine – Informationspolitik betrieben. Diese beschränkte sich hauptsächlich auf Unterbrechungen im Fernsehen, in der ein Sprecher der Regierung oder der Armee zu sehen war, der die letzten Kabinettsbeschlüsse mitteilte. Sicherlich ist es den dafür Verantwortlichen zunächst entgangen, dass ihre Botschaft bei den hier lebenden Ausländern überhaupt nicht ankam. Erst in den letzten Tagen der Krise hatte man sich dazu durchgerungen, die Mitteilungen auch in englischer Sprache zu machen. Diese Informationspolitik hat Verwirrung gestiftet und damit ihren Teil zur „parteiischen“ Berichterstattung beigetragen.

Zu spät wurde es einigen Reportern bewusst, dass sie auf Propagandatricks und falsche Vorspiegelungen der Rothemden hereingefallen waren. Sie sahen nur den tragischen Zustand auf den Straßen im Camp der Rothemden und ihnen ist die Gewaltbereitschaft einiger Gruppierungen entgangen.

Letztendlich sind diese Reporter auch Opfer der Krise geworden, gewollt oder ungewollt. Zwar bemühen sich alle Medien um eine ausgewogene Berichterstattung, aber diese ist, wie man sieht, nicht immer möglich. Und niemandem ist es im Grunde zu verdenken, wenn er aufgrund der äußeren Umstände parteiisch wird. Bilder von blutenden oder toten Demonstranten lassen Mitleid aufkommen, Panzerfahrzeuge erzeugen eigentlich mehr Unwohlsein.

Die Parteilichkeit ist eine Eigenart jedes Menschen, Objektivität ein hohes Ziel, aber leider nicht erreichbar. Was immer auch die Zukunft bringen mag, Unparteilichkeit wird es nicht geben.