Aufgewühlt
Bewaffnete Konflikte
wühlen uns auf. Sie erinnern uns unbewußt an die eigene Sterblichkeit und
lösen einen starken Impuls aus, sich entweder mit der einen Seite (der des
„Aggressors”) oder der anderen (der des „Opfers”) zu solidarisieren. Danach
wird die eingenommene Position nur mehr selten korrigiert, sondern, speziell
bei Gegenwind, eher noch vehementer vertreten – teils sogar unter der
Ausblendung oder Verzerrung von Sinneswahrnehmungen oder neuerer
Informationen.
Mit dieser Dynamik ist
es erklärbar, warum so viele Menschen, aber auch internationale Medien und
Organisationen sich so schwer taten, die gewalttätigen Facetten der
stattgefundenen politischen Proteste als solche zu benennen. Eine offen
signalisierte Sympathie für die Verfechter demokratischer Werte durch
einzelne Reporter etwa ist ja verständlich - wenn aber auch nach
Brandstiftung und Attacken gegen Zivilisten noch von „Verteidigung” oder „berechtigtem
Ärger” zu lesen war, waren viele von uns doch fassungslos über die merkliche
Parteinahme und Rationalisierung der angerichteten Schäden.
Beklommen machte viele
von uns auch eine Dynamik, die wir im Lager der UDD beobachten konnten:
zahlreiche Menschen dort, aber auch viele Sympathisanten außerhalb, waren
durch die leidenschaftlichen und ständig eine angebliche Tötungsabsicht der
Regierung betonenden Reden derart emotionalisiert worden, dass der zur
Zeitpunkt ihrer Verhaftung erfolgte Aufruf ihrer Anführer, ab sofort die
Radikalisierung einzustellen, nichts mehr nützte: der Zug war bereits auf
voller Fahrt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Revolutionsbewegungen immer
auch solche Elemente anziehen, die sich ihnen weniger aus politischer
Überzeugung, sondern vielmehr aus Lust an der Zerstörung und Gewalt
anschließen, und deren Entfesselung letztlich nur auf den passenden Anlass
wartet.
Richard L. Fellner
leitet das Counseling Center (Beratungszentrum) Pattaya in der Soi Kopai und
bietet nach Terminvereinbarung unter 0854 370 470 Beratungen in deutscher
und englischer Sprache an.