Franz Schmid
Das Verfolgen der
aktuellen Nachrichten auf den thailändischen Fernsehsendern in den letzten
Wochen war wahrlich nichts für empfindsame Gemüter. An manchen Stellen ging es
blutrünstiger zu als in einigen Horrorfilmen.
Da wurden
blutüberströmte Opfer der Zusammenstöße zwischen Rothemden und
Militär gezeigt, wie sie von der Straße von Helfern weggezerrt und
in Sicherheit gebracht wurden. Andere Szenen zeigten Schusswechsel
zwischen den Männern in Schwarz und Soldaten, Granaten und Bomben
explodierten, und es sah aus wie im richtigen Krieg.
Diese Szenen
der Gewalt wurden praktisch zu allen Tageszeiten ausgestrahlt und
waren auch kleinen Kindern und Jugendlichen zugänglich. Bilder von
Leichen oder verstümmelten Verkehrsopfern erfreuen sich allerdings
seit langer Zeit auch großer Beliebtheit in den thailändischen
Zeitungen und Zeitschriften, niemand findet das anstößig.
Doch wenn man
von den Nachrichtensendungen auf das doch etwas sterile
Unterhaltungsprogramm umwechselte, war die Welt wieder in Ordnung.
Die ausgestrahlten Filme waren der thailändischen Zensur gemäß von
allem befreit, was einen negativen Einfluss auf die Jugend haben
könnte: keine blanken Busen, und vor allem keine Zigaretten
rauchenden Darsteller, alles zensiert!
In den
thailändischen Medien war zu lesen, dass es einige Tausend Menschen
in Thailand gibt, die nach den politischen Unruhen psychiatrischer
Behandlung bedürfen. Dies teilte das Gesundheitsministerium mit.
Achtzig Prozent der Verwandten von Todesopfern haben Depressionen,
Angstzustände und tragen sich mit Rachegedanken, bei den Verwandten
von Verletzten sind es 20 Prozent. Unbekannt ist, bei wie vielen
Menschen die Fernsehbilder der Straßenschlachten zu psychologischen
Störungen führten.
Seit 1992 ist
die Werbung für Tabakwaren in allen Medien Thailands verboten. Die
Begründung dafür war, kleine Kinder und Jugendliche sollten keine
schlechten Vorbilder haben. Mit der Werbung für Alkohol ist es
ähnlich, sie darf im Fernsehen jedoch von 22 Uhr bis 5 Uhr morgens
gezeigt werden.
In diesem
Zusammenhang darf man fragen, welchen Einfluss auf die Psyche
Jugendlicher brennende Häuser, um Hilfe schreiende Menschen und
rollende Panzer haben können. Seit langem versuchen Politiker gegen
Internetspiele, die zu Gewalt oder Gewaltbereitschaft animieren,
vorzugehen, auch in Thailand.
Diese
Anstrengungen zum Schutz der Jugend sind lobenswert und auch richtig,
wenn es auch zweifelhaft ist, ob sie zum Erfolg führen.
Beispielsweise kommen die meisten Raucher aus Familien, in denen
zumindest ein Elternteil rauchte. Der familiäre Einfluss ist also
bei weitem stärker als der der Werbung. Anders sieht es aber aus,
wenn das Fernsehen brutale Gewaltszenen zeigt, die sehr wohl
Auswirkungen auf Jugendliche zeigen. Warum ist dies statthaft im
Vergleich zu einem eher harmlosen Western, in dem sich der Held eine
Zigarette anzündet? Doppelte Moral, oder wie es heute so schön heißt:
Doppelstandard?