Sehr geehrte Redaktion,
Zum Bericht von Thilo
Thielke im Spiegel. Mit seinem Sensationsjournalismus schadet Thilo Thielke
Thailand mehr als die Rothemden mit ihren Brandstiftungen (worauf in
Thailand die Todesstrafe steht). Der Rauch und die Panzer erinnern mehr an
die Kämpfe für Demokratie in Südamerika in den 70er und 80er Jahren des
letzten Jahrhunderts.
Das ist nicht
vergleichbar mit der Situation in Thailand. Thailand ist ein modernes Dritte-Welt-Land.
Die Demokratie ist hier weiter entwickelt als in anderen Ländern in dieser
Gegend. Es bleibt auch anzumerken, dass das Rot der Rothemden nicht für
Kommunismus steht. Die Gelbhemden benutzen diese Farbe, weil es das Symbol
für Montag ist, dem Geburtstag des Königs.
Thaksin wurde 2006 aus
seinem Amt als Premierminister geputscht. Das war nicht demokratisch, aber
die Soldaten und Panzer waren beim Volk willkommen und wurden umjubelt. Es
wurden keine Menschen getötet. Eine Ausgangssperre wurde verhängt, aber war
nicht nötig und wurde nicht beachtet. Dieser Putsch war friedlicher als die
jetzigen „Proteste“ der Rothemden.
Im Dezember 2007
wurden demokratische Wahlen abgehalten, und es wurde eine Regierung aus
Thaksin-Anhängern gebildet. Diese wichtige Tatsache wird in Herrn Thielkes
Bericht komplett ignoriert. Im Jahr 2008 starteten die Gelbhemden ihren
öffentlichen Protest.
Dieser war zahlenmäßig
größer als jener der Rothemden, insgesamt friedlicher und dauerte länger. Er
endete in der einwöchigen Besetzung des Flughafens (dies geschah nur, weil
es plötzlich hieß, dass Thaksin auf dem Weg nach Thailand war, und das
sollte verhindert werden) und der Wahl des neuen jetzigen Premierministers
Abhisit.
Seine Wahl und
Regierungsbildung war möglich, weil sich 38 Abgeordnete der
Regierungskoalition abspalteten und halfen, die neue Regierung zu bilden.
Ein demokratischer Prozess, freies Mandat.
Dieses Jahr starteten
die Rothemden ihren öffentlichen Protest, „zufällig“ kurz nach der
richterlichen Entscheidung über die teilweise Beschlagnahmung von Thaksins
Vermögen. Die Rothemden sprachen am Anfang davon, eine Million Demonstranten
nach Bangkok zu bringen.
Es waren aber nicht
einmal Hunderttausend. In den letzten Tagen noch ca. 15.000 und am Schluss
vielleicht noch 3.000 Hartgesottene. Die Rothemden verhinderten durch immer
neue Forderung eine friedliche Einigung. Sie neigen als größtenteils
ungebildete Landbevölkerung auch eher zur Gewalt. Woher nehmen sie das Recht,
das wichtigste Geschäftsviertel Bangkoks wochenlang zu besetzen und lahm zu
legen?
Die Bewohner dieser
Gegend haben für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten oder haben sich ihren
Wohlstand hart erarbeitet.
Wäre ein solcher
Protest unter Thaksin passiert, dann wäre das Militär von Anfang an härter
vorgegangen, und es wäre zu viel mehr Opfern gekommen. Es bleibt anzumerken,
dass keine Touristen umgekommen sind, sondern nur Journalisten, die sich im
vermeintlichen Kugelhagel nach vorne bewegten und nicht nach hinten, wie man
es bei gesundem Menschenverstand machen würde.
Man denke an Thaksins
„heroischen Drogenkrieg“, bei dem ca. 3.000 Leute „hingerichtet“ wurden. Die
Hälfte davon ohne jegliche Verbindung zu Drogen. Aber die Folge dieses „Drogenkrieges“
war, dass sich der Preis für Drogen von 20 Baht pro Gramm auf 240 Baht
erhöhte.
Jetzt hatte die Armee
sich lange Zeit zurückgehalten und hätte sicher keine Massenproteste von
Hunderttausenden gewaltsam aufgelöst. Auf der anderen Seite hatten die
Rothemden lange Zeit, um ihr Lager friedlich zu verlassen. Die meisten haben
dies auch getan. Aber was sind es für Leute, die ihre eigenen Kinder als „Schutzschilder“
benutzen?
Die Rothemden hatten
nicht nur Steinschleudern. Sie hatten Pistolen, Gewehre und Maschinengewehre
und einen militärischen Führer, der durch eine Kugel getötet wurde. Unter
den Rothemden waren also auch Leute, die nicht nur friedlich protestieren
wollten! Warum haben sie nicht aufgegeben, als ihre Führer es für
aussichtslos hielten und sich der Polizei übergaben?
Woher nehmen sie das
Recht, das wichtigste Geschäftsviertel Bangkoks in Brand zu setzen und
vielerorts (Khon Kaen, Mugdahan, Ubonratchathani) die Rathäuser? Die
Staatsgewalt in Thailand ist vielleicht (teilweise) unbeliebt, aber nicht
totalitär. Darf man also nach der Philosophie der Rothemden alles, was
unbeliebt ist, vernichten? Die Rothemden waren vermutlich neidisch auf die
Erfolge der Gelbhemden und enttäuscht darüber, dass sie selbst nichts
erreicht haben.
Thaksin hätte den
Protest leicht beenden können, als zu erkennen war, dass es aussichtslos ist
und die Situation in Bangkok bereinigt werden muss. Der Staat darf sich
nicht endlos von einer Minderheit terrorisieren lassen. Leider hat er (Thaksin)
es nicht getan und wird jetzt vermutlich zurecht mit internationalem
Haftbefehl wegen Terrorismus gesucht.
Vielleicht hätte auch
ein Wort des Königs geholfen. Aber leider ist der von den meisten
Thailändern geliebte König alt und krank und hat offiziell keinen
politischen Einfluss. Die Regierung und Armee hätten vielleicht auf ihn
gehört. Bei der Polizei ist das schon fraglicher, weil Thaksin ja einmal
Polizist war und aus diesem Lager viele Anhänger hat. Jene Rothemden, die
bis zum Schluss in Bangkok blieben und dann noch alles anzündeten, die
hätten wohl auch nicht auf ein Wort des Königs reagiert.
Die Brandstiftungen in
Bangkok und anderen Städten sind vermutlich auch nicht zufällig passiert.
Über das hatte man sich in bestimmten Kreisen vorher Gedanken gemacht, sonst
wäre das anders verlaufen.
In Thailand dreht sich
alles um Geld. Man kann Thaksin als bestes oder schlechtestes Beispiel dafür
nennen. Er ist zwar durch seinen Beruf als Politiker reich geworden, das hat
aber nichts mit seiner vom Staat enthaltenen Entlohnung zu tun. Als sich die
38 Parlamentarier vom ihm abwendeten und die Wahl Abhisits ermöglichten, war
angeblich auch Geld im Spiel.
Demokratie ist in
Thailand mit Vorsicht zu betrachten, weil es schon immer Wahlstimmen gegen
Bezahlung gegeben hat. In Thailand sterben mit Sicherheit auch Leute für
weniger als vier Euro. Und die arme Landbevölkerung kann es sich nicht
leisten, wochenlang für höhere Ideale in Bangkok zu demonstrieren. Da waren
mit Sicherheit auch Geld oder finanzielle Versprechungen im Spiel.
Thailänder machen nichts umsonst.
Thailand ist immer
noch sicher und ein schönes Reiseziel, politisch stabil, und alles läuft in
geordneten Verhältnissen. Es ist nicht „gespalten“ wie es die ausländische
Berichterstattung vermittelt. Gegensätze zwischen Arm und Reich hat es immer
schon gegeben und wird es immer geben.
Auch diese Regierung
tut was für die Ärmsten: Freie Versorgung mit Elektrizität und Wasser,
kostenloser Nahverkehr und für bestimmte Zugverbindungen. Für Touristen ist
Thailand nicht gefährlicher als vorher, und Ausländer, die sich in die
thailändische Politik einmischen oder den König beleidigen, manchen sich
strafbar. Aber das ist eine persönliche Entscheidung.
Andreas Schottenloher,
Thailand