Alles im Namen des Fortschritts?

Franz Schmid

Khao Yai ist der erste Nationalparks Thailands und Asiens überhaupt. Seit seiner Eröffnung im September 1962 hat er Millionen Touristen aus allen Teilen der Welt angelockt, die die einmalige Flora und Fauna des Parks erleben wollten.

Nun soll nach den Plänen der Autobahnbehörde eine 23 Kilometer lange Zufahrtsstraße, die Thanarat Road, von einer zweispurigen zu einer vierspurigen Autobahn umgebaut werden. Angeblicher Grund ist die Zunahme von Besuchern. Die Straße wird täglich von 8.000 bis 9.000 Autos befahren. Die Auto­bahnbehörde hat auch schon vollendete Tatsachen geschaffen, indem sie an den Rändern der Straße 128 Bäume fällen ließ, die zum Teil über 30 Jahre alt waren und der Straße Schatten spendeten. Über diese Vorgehensweise ist es zu einem Streit zwischen den beteiligten Ministerien gekommen, so dass Premierminister Abhisit gezwungen war, den Bau vorläufig zu stoppen.

Die beteiligten Ministerien und Organisationen waren wieder einmal schnell bei der Sache, als es um Schuldzuweisungen ging. Für das Abholzen der Bäume lag keine Genehmigung des Königlichen Forstamtes vor. Wie dieses politische Ränkespiel auch immer ausgehen mag, zeigt der Vorgang deutlich, welch geringen Stellenwert der Natur- und damit Umweltschutz bei einigen Behörden hat. Der materielle Wert der Bäume ist vergleichsweise gering, etwa 200.000 Baht, der ideelle Wert jedoch kaufmännisch nicht messbar. Mit dem Fällen der Bäume ist ein Teil des Ökosystems beschädigt worden, das Jahrzehnte brauchen wird, um sich wieder zu erholen.

Die Empörung der Öffentlichkeit über das Abholzen der Bäume war entsprechend groß, nicht nur bei Umweltschutzgruppen. Von Seiten der Befürworter des Projekts wurde vorgetragen, die Erweiterung der Straße ermögliche Besuchern einen leichteren Zugang zum Nationalpark. Das mag ja auf den ersten Blick einleuchtend erscheinen, aber ist der Park nicht eigentlich zum Schutz der unberührten Natur angelegt worden und nicht als Touristenattraktion? Naturschützer plädieren seit langem für eine Begrenzung der Besucherzahlen. Waren es 1966 nur jährlich 41.000 Besucher, so sind es seit 1996 weit über eine Million. Wie viele Besucher kann dieses Weltkulturerbe vertragen? Sind es nicht sowieso schon zu viele?

Wer schon einmal die Thanarat Road benutzt hat, wird die vielen Hotels, Resorts und Spas an der Strecke bemerkt haben. Hier sind erhebliche Investitionen getätigt worden. Die Erweiterung der Straße wird ihnen mehr Kundschaft bringen, allerdings auf Kosten der Natur im Nationalpark.

Straßenbau wird in Thailand als zivilisatorischer Fortschritt angesehen, das eigene Auto genießt einen hohen Stellenwert. Aber manches ist im Namen des Fortschritts von Übel, wie dieses Beispiel zeigt.