Franz Schmid
16.000 Leser des
amerikanischen Reisemagazins „Travel + Leisure“ haben Bangkok auf den ersten
Platz der beliebtesten Reiseziele gewählt. Den dafür ausgesetzten Preis hat
Bangkoks Gouverneur Sukhumbhand Paribatra vor kurzem in New York in Empfang
genommen.
Als diese Wahl
durchgeführt wurde, hatte noch niemand etwas von den Unruhen und
Ausschreitungen, die von April bis Mai anhielten, geahnt. Bangkok
hat in der Tat eine attraktive Mischung für Besucher: Unterhaltung
aller Nuancen, in Südostasien einmalige Einkaufsmöglichkeiten,
Restaurants aus aller Herren Länder, kulturelle Angebote und
Sehenswürdigkeiten, die kaum zu bewältigen sind. Daher zieht es wohl
viele Reisende immer wieder in die Stadt, die trotz ihrer
berüchtigten Verkehrsverhältnisse einen eigenen unverwechselbaren
Charme beibehalten hat.
Die
Stadtverwaltung ist über diese Auszeichnung verständlicherweise sehr
erfreut, haben doch die Bilder von Gewalttätigkeiten, auf den
Straßen rollenden Panzern, in Brand stehenden Kaufhäusern und
blutüberströmten Demonstranten, Polizisten und Soldaten dem Ansehen
der Stadt verheerend geschadet. Die Hoffnung, dieses Ansehen in der
Weltöffentlichkeit durch den Preis wieder aufzupolieren, sind jedoch
erstmal zunichte gemacht worden. Der Bombenanschlag an einer
Bushaltestelle vor einem Kaufhaus in der Innenstadt am Tag einer
Nachwahl für einen verwaisten Parlamentssitz hat den Vergesslichen
ins Gedächtnis zurückgerufen, dass Bangkok trotz
Notstandsverordnung kein sicherer Platz ist. Das gilt auch für
andere Teile Thailands. Der Anschlag forderte ein Todesopfer und
zehn Verletzte. Die Zuversicht, eine einigermaßen mit Touristen
gefüllte Hochsaison in diesem Jahr bestreiten zu können, ist bei
vielen Unternehmern der Touristikbranche wieder in Unsicherheit
umgeschlagen.
Der von dem
Reisemagazin vergebene Preis ist nicht unumstritten, vor allem nicht
bei denen, die sich nicht so platzieren konnten, wie sie es sich
vielleicht wünschten. Natürlich hält sich jede Touristenstadt für
die beste. Auch sind in der Vergangenheit ja auch bei Preisvergaben
anderer Art mitunter recht unkonventionelle Methoden angewendet
worden. Doch auch hier gilt, der Wille des Lesers ist sein
Himmelreich. Manche mögen Bangkok aus vielerlei Gründen nicht, und
Vorurteile sind weit verbreitet. Nicht jeder hat das Privileg und
die finanziellen Möglichkeiten, aus eigener Erfahrung Bangkok mit
anderen Touristenzielorten vergleichen zu können.
Man sollte
Bangkok den Preis gönnen, er kam zur richtigen Zeit. Zu einer Zeit,
in der die Stadt Ermutigung braucht, ihre Wunden zu heilen und die
Trümmer der vergangenen Monate beiseite zu räumen.