Um Missverständnisse zu vermeiden…

Franz Schmid

Nun ist es amtlich: Die einzige offizielle Sprache in Thailand ist Thai. Der Vorschlag eines Reformkomitees des Bildungsministeriums, Englisch als zweite offizielle Sprache einzuführen, wurde vom zuständigen Ministerium abgelehnt. Als Begründung wurde angegeben, dies könnte zu Missverständnissen führen, da einige Leute glauben könnten, Thailand sei eine ehemalige Kolonie, die die Sprache der Kolonialherren als zweite Amtssprache benutzt.

Das Reformkomitee wollte mit seinem Vorschlag erreichen, dass sich in Hinblick auf die zu erwartende Wirtschaftsunion der ASEAN-Staaten die englische Sprache von mehr thailändischen Schülern erlernt wird und auch Verwaltungsbehörden besser auf die Zukunft vorbereitet werden. Das Ministerium hat dagegen Englisch nun zur die wichtigsten ausländischen Sprache erklärt. Ein kleiner, aber feiner Unterschied!

Es ist zwar richtig, dass viele ehemalige Kolonien das Englische zur Amtssprache ersten oder zweiten Grades erklärt haben, aber dass das Bildungsministerium nun meint, aus der Einführung des Englischen als zweite Amtssprache könnten falsche Schlussfol­gerungen gezogen werden, ist schon verwunderlich. Es liegt doch gerade im Aufgabenbereich dieses Ministeriums historische Zusammenhänge zu vermitteln. Dazu gehört auch die Kolonialgeschichte Südostasiens und die Rolle Thailands in der Kolonialzeit. Geschichtsunterricht an thailändischen Schulen findet, wenn überhaupt, nur in bescheidenem Rahmen statt. Sicher ist aber, dass es sich in breitesten Bevölkerungskreisen schon herumgesprochen hat, dass Thailand nie von westlichen Staaten kolonialisiert war. Aber vielleicht zielt die Begründung auf ignorante ausländische Organisationen, damit wären dann in erster Linie die in den ASEAN-Staaten gemeint.

Nichtsdestotrotz hat das Bildungsministerium große Pläne. Der Englischunterricht soll an öffentlichen und privaten Schulen weiter ausgebaut werden, und zwar nach internationalem Standard. Das Ministerium geht davon aus, dass die Schüler nach erfolgreichem Abschluss des Englischunterrichts eine fließende Kommunikation führen können. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Lehrer angeworben werden, deren Muttersprache Englisch ist.

Pläne dieser Art sind nicht neu, bis zum Ende durchgeführt wurden sie jedoch nicht. Dem stehen Hindernisse im Wege, die das Ministerium unerwähnt lässt. Autoritäre Lehrmethoden und blankes Auswendiglernen verhindern eigenverantwortliches Lernen.

Hier wurde eine große Chance zum internationalen Anschluss Thailands in der Globalisierung verpasst. Falsch verstandener Patriotismus hat hierzu geführt, der stur und fest behauptet, Thailand sei nie kolonisiert worden. Historisch gesehen, erstreckte sich Thailand einst von Vietnam bis Malaysia, dort entstanden im Laufe der Geschichte andere Staaten, das kann man durchaus Kolonisierung nennen. Aber wie dem auch sei, was hat das mit dem Erlernen der englischen Sprache zu tun? So wird alles bleiben wie es war, nur die Bildungsschichten in den Städten werden Englisch sprechen, und allen anderen wird dies verwehrt bleiben, da es nicht als Pflichtfach im Unterrichtsplan verankert ist.