Teil
6
Seit dem Beginn dieser Kolumne erhielt ich eine Reihe von
Rückmeldungen, speziell zu den Artikeln über das Thema „Thai-westliche
Partnerschaft“. Da ich ja für eine „anonyme“ Leserschaft schreibe, ist es
schön, zu erfahren, dass die Artikel gelesen werden und sogar Anstoß für
Diskussionen unter Paaren sind.
Manche Menschen (besonders Thais) wissen nicht viel über psychische
Gesundheit bzw. Psychohygiene oder Alternativen zum Medikamente-Schlucken,
wann immer sie sich nicht wohl fühlen: wenn dann durch diese Spalte jemand
erfährt, dass es möglich ist, sich nach einigen Beratungssitzungen deutlich
wohler zu fühlen und wieder mehr Lebensqualität zu haben, würde das den
Aufwand des Schreibens mehr als rechtfertigen.
Aber zurück zu unseren thai-westlichen Paaren: vermutlich ausgelöst durch
meinen Hinweis, dass viele Thai-Frauen finanzielle Unterstützung von ihren
Partnern erwarten würden, erhielt ich Rückmeldungen, dass dies gar nicht so
wäre, sondern vielmehr ausschließlich „dumme Farangs“ die Familie ihrer
Partnerin unterstützen würden. Nun ist mir schon klar, dass derartige
Zuwendungen nicht von allen Familien erwartet werden (etwa von den meisten
Familien aus den südlichen Provinzen), insofern wäre jede Verallgemeinerung
unhaltbar.
In Pattaya jedoch stammen die meisten Frauen aus dem Isan, der ärmsten
Region Thailands, und kamen ursprünglich hierher, um dringend benötigtes
Geld zu verdienen. Auch haben sie in der Regel gelernt, dass Kinder ihre
Eltern zu unterstützen haben - um sie für die Liebe und Unterstützung
zurückzuzahlen, die sie seit ihrer Geburt erfahren haben (wie wenig das de
facto auch immer gewesen sein mag...).
Dieses Prinzip der gegenseitigen Unterstützung verbindet aufgrund der
vorhandenen materiellen Zwänge übrigens fast alle Gesellschaften der Welt -
mit Ausnahme der wohlhabenden „ersten“ Welt: die meisten von uns wurden dazu
erzogen, unabhängige und starke Persönlichkeiten zu werden, uns irgendwann
von unseren Herkunftsfamilien abzulösen und unseren eigenen Weg zu gehen.
Der Traum eines typischen Mädchens aus dem Isan aber ist es, ihren
Verwandten ein schönes „Stück vom Kuchen“ zu schenken, wenn sie das Glück
haben, einen wohlhabenden Partner zu finden und diesen vielleicht sogar zu
heiraten.
Ignoriert ihr Partner dieses Bedürfnis, dann riskiert er letztendlich die
Beziehung, da sich die Frau in ihren Bedürfnissen und ihrem Wertesystem
ignoriert fühlt. Aber es gibt ja auch noch die Sicht des westlichen
Partners: er hat das Geld bereits und will „als Person“ geliebt werden ...
und wir müssen zugeben: er kann es sich ja leisten!
Hier die „richtige“ Balance zwischen beiden Welten zu finden, ist eine
schwierige Herausforderung für beide Partner, und wir brauchen uns nur
umzusehen, in wie vielen Beziehungen das Gefälle entweder in die eine oder
andere Richtung weist - während sich der Partner verletzt und in seinen
Bedürfnissen ignoriert fühlt.
Meine Erfahrung in der Paartherapie zeigt mir, dass die alte Weisheit „Alles
hat seinen Preis“ auch für thai-westliche Partnerschaften gilt: vieles wirkt
zunächst vergleichsweise einfach und komplikationslos, aber eine glückliche
Partnerschaft mit jemandem, der/die aus einer anderen Kultur stammt, zu
führen, kann sehr fordernd sein und gelegentlich ausgleichende Unterstützung
„von außen“ nötig machen, um die ersten und schwierigsten Hürden ohne allzu
große Schrammen zu überwinden.
So glücklich leben wie erhofft! Psychotherapeut und Paartherapeut Richard L.
Fellner leitet das Counseling Center (Beratungszentrum) Pattaya in der
Thepprasit Soi 6 und bietet nach Terminvereinbarung unter 0854 370 470
Beratungen in deutscher und englischer Sprache an.