Felici Curschellas
Wer möchte
dies nicht sein, auch im neuen Jahr 2011? – Allein, wunschlos
glücklich kann man auf die Dauer gar nicht sein. Das würde ja
Stillstand bedeuten, und Stillstand ist immer Rückschritt. Also,
Wünsche soll man haben, möglichst viele, und natürlich auch gute.
Damit steht man auf der Sonnenseite des Lebens; denn großes,
leidenschaftliches, unstillbares Verlangen kann enorme Lebenskräfte
freimachen. Wer dagegen keinen Wunsch mehr hat, nicht einmal einen
letzten, ist dem Pessimismus verfallen, und er steht damit auf der
Verliererstraße.
Manchmal denkt
man, die heimlichen Wünsche seien doch naiv, kindlich, unerfüllbar
in diesem Leben. Dennoch sollten wir das Unerreichbare, das
wunschlos glückliche Leben, stets anstreben, um das persönlich
Erreichbare zu schaffen. Will man nicht auf der Strecke bleiben,
muss man auch zulassen, hie und da vom Weg abzukommen. Darum denkt
man als Wanderer ja oft schon auf dem Heimweg an das nächste Ziel.
Nur dort entsteht nach der Erfüllung eines Wunsches keine
lebensbedrohende innere Leere, wo gleich neue Wünsche da sind. Wo
allerdings die äußere Not einem Menschen alle Kräfte raubt, wo die
Last des Lebens niederdrückt, aber auch bei Dauerstress, hört jenes
innere Gefühl des menschlichen Freiseins auf, das die Wurzel aller
guten Wünsche ist. Wenn von Feuer, Hammer und Amboss nur eines fehlt,
geschweige denn mehrere, da ist es wahrlich schwer, sein Glück zu
schmieden!
Wer tief im
Lebenssumpf steckt, hat keine Visionen mehr, sondern nur noch – wenn
überhaupt – den einzigen Wunsch: zu überleben. Immer häufiger
erfahren wir heute über die Medien von solchen Menschen. In diesen
Tatsachenberichten steckt auch der Keim des Angst machenden,
negativen Denkens, das sich leicht auch in den Köpfen derer
einnisten kann, die gar nicht in Not sind. Plötzlich beginnt man,
sich vor der Zukunft zu fürchten. Man bangt um das eigene
Wohlergehen und hegt insgeheim den Wunsch, sein eigenes Hab und Gut
ja nicht zu verlieren.
Bekanntlich
ergeht es uns stets so, wie unsere Gedanken dies lenken. So wie du
denkst, so bist du! Eine ängstliche Einstellung vermag die Erfüllung
eines Wunsches sogar zu verhindern. Man braucht Lebensfreude und den
Glauben an eine bessere Zukunft, auch wenn diese für manche bloß ein
frommer Wunsch ist, um das Selbstvertrauen zu entwickeln, das es zur
Erfüllung auch der ganz heißen Wünsche braucht. Alle fünf Sekunden
stirbt ein Kind an Hunger, auch während ich hier schreibe, Sie es
lesen. Wie wäre es mit dem Wunsch, helfen zu wollen? Ein Tropfen
Liebe ist und bleibt mehr als ein Ozean an Wille und Verstand. Jedes
Leben braucht einen Anker; der beste ist auch im neuen Jahr Liebe
und Mitgefühlt. Mir kommt hier die Geschichte „Das goldene
Verpackungspapier“ in den Sinn:
Ein Mann
bestrafte seine 5 Jahre alte Tochter für das Vergeuden von
kostspieligem Goldverpackungspapier. Geld war knapp, und er wurde
wütend, weil das Kind das ganze Goldpapier verbraucht hatte, um eine
Schachtel zu verzieren und sie unter den Weihnachtsbaum zu legen.
Dennoch brachte das Mädchen am folgenden Morgen die
Geschenkschachtel ihrem Vater und sagte: „Das ist für dich, Papa.“
Der Vater war verlegen, weil er am Vortag überreagiert hatte. Er
öffnete die Geschenkschachtel und wurde wieder zornig, als er sah,
dass sie leer war. Wütend sagte er: „Weißt du nicht, junge Dame,
dass wenn man jemandem ein Geschenk macht, auch etwas in der
Verpackung sein soll?“ Das kleine Mädchen betrachtete ihren Papa mit
Tränen in den Augen und sagte: „Papa, sie ist nicht leer. Ich habe
so viele Küsse hineingegeben, bis sie ganz voll war.“ Nur kurze
Zeit später starb das kleine Mädchen bei einem Unfall. Seither
bewahrt der Vater sein ganzes Leben lang die Goldschachtel neben
seinem Bett. Immer, wenn er durch schwierige Probleme entmutigt wird,
öffnet er seine Goldschachtel und stellt sich vor, einen Kuss von
seinem kleinen Mädchen herauszunehmen; er erinnert sich dabei an die
Liebe der kleinen Tochter, die sie dort hineingegeben hat.
Jeder von uns
hat so eine goldene Schachtel, die gefüllt ist mit Liebe und Küssen
von seinen Kindern, von seiner Familie, von Freunden. Das ist das
kostbarste Geschenk, das man auch 2011 erhalten kann.