Hat sich etwas geändert?

Franz Schmid

Haben Sie es auch schon bemerkt? Mit enormer Geschwindigkeit hat sich die Zahl der Atomkraftgegner erhöht. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten werden plötzlich zu Gegnern der Atomenergie. Es wird behauptet, die Tsunami Katastrophe in Japan habe eine vollkommen veränderte Sicherheitslage entstehen lassen. Die Atomkraft habe nun ausgedient und sei keine Zukunftstechnologie mehr.

Doch welche wirklich neuen Erkenntnisse haben sich durch die Katastrophe in Japan ergeben? Wir haben doch schon immer gewusst, dass die Atomkraft eine gefährliche Art der Energiegewinnung ist. Die Gefährlichkeit wurde der Bevölkerung durch die Atomkraftbefürworter lediglich statistisch niedrig gerechnet und Wörter wie „äußerst geringes Restrisiko“ sollten zu ihrer weiteren Beruhigung beitragen.

Wie das Szenario in Japan nun gezeigt hat, halten sich Naturkatastrophen nicht an statistische Berechnungen. Die Wahrscheinlichkeit für einen derart zerstörerischen Tsunami war sicher äußerst gering. Trotzdem fand die Katastrophe einfach so statt. Man kann die potenziellen Gefahren nicht statistisch klein rechnen. Ob und wann ein Flugzeug in einen Atommeiler stürzt, kann nicht vorhergesagt werden. Die Gefahr eines terroristischen Anschlags auf ein Atomkraftwerk kann nicht wegdiskutiert werden, so unwahrscheinlich er momentan auch erscheinen mag.

In Japan, einem der erdbebengefährdetsten Gebiete der Erde, wurden, ohne Rücksicht auf die Risiken, Atommeiler in großer Zahl direkt ans Meer gebaut. Darüber hinaus kommen immer mehr Nachrichten über gefälschte Wartungsberichte der Betreiber und vertuschte Störfälle in den Atomkraftwerken ans Licht. Korrupte Politiker stellten sich blind für das Vorgehen der Kraftwerksbetreiber, in der Hoffnung auf einen lukrativen Posten im Anschluss an ihre politische Karriere.

All das hat jedoch keine neuen Fakten geschaffen. Die Sicherheitslage ist nach wie vor unverändert. Die Nutzung der Kernenergie ist keineswegs gefährlicher geworden als vor dem Tsunami in Japan. Sie war schon immer gefährlich und im Grunde war das auch allen bewusst. Wenn sich ein atomarer GAU ereignet, aus welchen Gründen auch immer, dann kommt es zu verheerenden Folgen. Auch das war schon immer so. Beim Betrieb von Atomkraftwerken gibt es keine absolute Sicherheit und deshalb war und bleibt ihre Nutzung gefährlich. Jeder Versuch, die Risiken der Stromerzeugung durch Kernenergie zu verschleiern, ist daher verwerflich.

Wenn man der furchtbaren Tsunamikatastrophe einen positiven Aspekt abgewinnen möchte, dann vielleicht den, dass den Menschen die Gefahren der Nutzung der Kernenergie noch einmal sehr deutlich vor Augen geführt wurden.