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Fukushima: ein Trauma wiederholt sich

 

Fukushima: ein Trauma wiederholt sich

Richard L. Fellner (Psychotherapeut und Paartherapeut)

Die Medienberichte über das Erdbeben in Japan wurden bereits nach wenigen Tagen von der atomaren Katastrophe, die sich in Fukushima ereignete, überlagert. Nahezu jeder, der die Bilder im TV oder Zeitungen sah, wird betroffen gewesen sein. Mich persönlich erinnerten sie an die im japanischen Hiroshima-Museum gezeigten Katastrophen-Bilder: menschenleere Straßen, Ruinen, Rauchwolken. Straßenpolizisten sind in weiße Strahlenschutzanzüge gekleidet und tragen Atemschutzmasken. Mindestens eine halbe Million Menschen muss aus der Strahlenzone evakuiert werden.

Was in der Psyche vieler Japaner vorgeht, die nun bereits das zweite Mal innerhalb von knapp 70 Jahren auf ihrer Inselgruppe eine atomare Katastrophe - neben Tschernobyl - unerreichten Ausmaßes erleben, ist kaum vorstellbar. Japan hat die Atomenergie in eine Kraft des Friedens, des wirtschaftlichen Gedeihens verwandelt - das ist eine der großen Nachkriegsleistungen Japans, real und symbolisch. Doch wieder hat sich das „Atom” in eine Geißel des Volkes verwandelt, und das, obwohl die japanischen Kernkraftwerke zu den „sichersten” der Welt gehören.

Dieses Trauma wegzustecken, wird nicht möglich sein - wiederholt sich doch eine Schockerfahrung, fallen auch bei der stabilsten Psyche die letzten Barrieren. Oberflächlich betrachtet reagieren die meisten Japaner zwar gefasst wie immer - man kann aber davon ausgehen, dass die Katastrophe massive Konsequenzen haben wird. Selbst eine Abkehr von der Atomenergie ist unter solchen Umständen denkbar, obwohl Japan heute 20 Prozent seines Energiebedarfs damit deckt. Doch in Fukushima bekam die Menschheit (ein weiteres Mal) seine Grenzen vorgeführt - es ist zu hoffen, dass die Katharsis des Traumas ultimativ in massiver Forschung nach alternativen Energiegewinnungstechniken mündet.

Japan könnte auch dafür eine Keimzelle sein, ähnlich, wie Traumapatienten aus einer erfolgreichen Therapie häufig kräftiger und kreativer hervorgehen als sie das vor dem tragischen Ereignis waren.