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Brutale Gleichgültigkeit

Franz Schmid

Kamen die Unruhen in Großbritannien wie aus heiterem Himmel? Nein, denn die Gründe für die Krawalle liegen klar auf der Hand und sind seit langem bekannt. Hohe Jugendarbeitslosigkeit, Gangbildung, Drogenhandel und eine der höchsten Kriminalitätsraten in der EU sprechen Bände. Die von Kindern und Jugendlichen begangenen Gewaltstraftaten erreichen statistische Spitzenwerte im EU-Vergleich.

In Tottenham begannen die Krawalle, nachdem ein 29-jähriger Vater, unter ungeklärten Umständen, von Polizeibeamten erschossen worden war. Allein in diesem Armenstadtteil, mit einem hohen Anteil an Einwanderern und Volksgruppen, registrierte die Polizei im letzten Jahr eine Vielzahl von Straftaten mit religiösem oder rassistischem Hintergrund.

Die Regierenden in Großbritannien haben sich von der Realität der Unterschicht des Landes weitestgehend abgekoppelt. Die Kabinettsmitglieder stammen fast durchweg aus den Eliteschulen des Landes und verkünden den betroffenen Menschen, dynamisch und optimistisch, immer wieder neue Einschnitte ins Wohlfahrtssystem des Landes zur Bewältigung des gewaltigen Schuldenbergs.

Im Gesundheitssystem sollen Jobs radikal gekürzt werden. Mehrere zehntausend Polizisten sollen eingespart werden. Die Studiengebühren wurden im letzten Jahr kurzerhand verdreifacht, so dass Arbeiter- aber auch Mittelstandfamilien nicht mehr in der Lage sind ihren Kindern ein Studium zu ermöglichen und auch die Wohnbeihilfe für Niedrigverdiener fällt dem Sparprogramm zum Opfer, wodurch viele arme Familien gezwungen sein werden ihre Wohnungen in London aufzugeben, um in die Peripheriegebiete zu ziehen.

Die Milliarden Pfund an Steuergeldern, die die britische Regierung zur Rettung maroder Banken aufgewendet hatte, versucht sie nun durch Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen wieder einzusparen. Dies geschieht vor allem auch auf dem Rücken der Jugendlichen aus der Unter- und Mittelschicht, die ihre Felle davon schwimmen sehen, während sie täglich die andere Seite betrachten dürfen, die von Konsum und überbordendem Reichtum geprägt ist.

Die Beteiligten an den Ausschreitungen waren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, aus einem breiten Spektrum von Rassen und Ethnien, die untereinander nicht viel gemeinsam haben, außer ihrer Armut und Perspektivlosigkeit. Die Unterschicht ist nahezu komplett auf sich allein gestellt und es gibt kaum noch Berührungspunkte mit gesellschaftlichen Regeln und Werten. Die meisten dieser Menschen haben sich mit einem Leben ohne Pflichten, Rechte und Moral, abgefunden.

Überraschend war jedoch für mich, wie hilflos die Polizei den Ausschreitungen tagelang gegenüber stand und mit welcher Wucht sich die Krawalle entluden. Dort war nicht nur bloßes Mitläufertum im Spiel. Hass und Wut entluden sich, so wie man es zuletzt in diesem Jahr in einigen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens beobachten konnte, aber dennoch auf eine andere Weise. Gingen die Menschen in Nordafrika für eine hoffnungsvollere und bessere Zukunft auf die Straße, so fehlte dieser Beweggrund bei den Randalierern in England.

Dort war es lediglich eine hasserfüllte Machtdemonstration von Menschen, denen alles gleichgültig geworden ist. Das Ganze wirkte, als sei von den Krawallmachern ein destruktives Computerspielszenario in die Realität übertragen worden, bei dem der wahnsinnige „Spaß“ an der Gewalt sowie an Zerstörung und Anarchie regiert.

Randale um der Randale willen. Krawall um das Selbstwertgefühl für eine kurze berauschende Zeit zu steigern, koste es was es wolle. Eine sinnlose Orgie aus brutaler Gleichgültigkeit, entstanden aus einer Politik ohne Verantwortung für den Menschen.