Steht eine neue Völkerwanderung bevor?
Franz Schmid
Vor langer Zeit habe ich im Geschichtsunterricht
etwas über die Völkerwanderung auf dem Gebiet des heutigen Europa
gelernt. Wenn ich die Nachrichten der jüngsten Vergangenheit so
betrachte, stellt sich mir die Frage, ob da eine neue, diesmal globale
Völkerwanderung auf uns zukommt.
Gerade momentan steht dieses Thema durch das Bootsunglück vor Lampedusa
mit fast 300 Toten ganz oben in der Berichterstattung. Immer wieder
versuchen viele Bewohner Afrikas auf dem Seeweg nach Europa zu kommen in
der Hoffnung, dort ein besseres Leben führen zu können. Für viele
erfüllen sich diese Hoffnungen leider nicht.
Erst kürzlich gab es Meldungen über Opfer, als auf Flüchtlinge, die die
spanische Enklave Melilla in Marokko erreichen wollten, geschossen
wurde. Auch sie versuchten verzweifelt, nach Europa zu kommen.
Nun sind die Politiker – insbesondere im Europaparlament - gefragt,
Lösungen zu finden, damit sich die Flüchtlingswelle nicht ausweitet.
Solche Lösungen sollten aber die Menschenrechte beachten.
Auch in Asien gibt es massive Flüchtlingsbewegungen. Viele Flüchtlinge
aus Pakistan und Afghanistan versuchen zum Beispiel nach Australien zu
gelangen. Da die Anzahl der Flüchtlinge stark zugenommen hat, hat die
australische Regierung nunmehr eine ‚Lösung’ gefunden und im September
ein Gesetz verabschiedet, das die Flüchtlingspolitik des Landes umkehrt.
Flüchtlinge sollen künftig bis zur Entscheidung über die Asylanträge in
Lagern auf dem außerhalb des australischen Staatsgebiets gelegenen
Inselstaates Nauru untergebracht werden. Eine sehr fragwürdige Lösung.
Aber auch hier in Thailand kennen wir das Thema Flüchtlinge. Ich meine
damit nicht diejenigen, die vor der Justiz in Europa oder zur
Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse nach Thailand fliehen, sondern
die vielen Flüchtlinge aus Myanmar, die der ethnischen Minderheit der
Rohyngia angehören. Viele von ihnen landen auf dem Weg nach Malaysia
oder Indonesien in Thailand und werden ebenfalls erst einmal in
Auffanglagern ‚gesammelt’. Eine echte Lösung der Problematik haben die
thailändischen Behörden auch noch nicht finden können.
Eine große Flüchtlingswelle ist zum Glück vor 24 Jahren ausgeblieben.
Zum 40. Jahrestag der damaligen DDR schickten die Chinesen Erich
Honecker ein Glückwunschtelegramm mit dem Wortlaut: „Lieber Erich,
herzlichen Glückwunsch zu eurem Jahrestag. Diesmal konnten wir leider
nicht kommen, aber zum nächsten kommen wir dann – aber alle.“
Glücklicherweise gab es dann dank Wiedervereinigung keinen 41. Jahrestag
mehr. Aber wer weiß, vielleicht finden die Chinesen Interesse an anderen
Regionen…
Aber Spaß beiseite. Ich denke, man muss mit der Lösung der
Flüchtlingsproblematik in den jeweiligen Ländern beginnen und dort das
Leben für alle – egal welcher Volksgruppe sie auch angehören -
lebenswert machen. Aber das ist einfacher gesagt als getan.
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